Gerechtigkeit siegt
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Nazi-Metal-Bandlogos auf H&M-Jacken? Jap, gibt's! Obwohl: Eigentlich nur im Web ... Ach, eine grossartige Story ist es allemal

Nazi-Metal-Bandlogos auf H&M-Jacken? Jap, gibt's! Obwohl: Eigentlich nur im Web ... Ach, eine grossartige Story ist es allemal

25.03.2015, 11:1725.03.2015, 13:04
Oliver Baroni
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Man kann Heavy-Metal-Fans vieles vorwerfen, nur nicht, dass sie nicht leidenschaftlich wären. Und akribisch. Leidenschaftlich akribisch in ihrer Recherche nach obskuren Bands, leidenschaftlich akribisch auch in der Realisation eines gross angelegten Hoaxes. Aber erst mal der Reihe nach:

Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass Mode-Riese H&M neuerdings Metallica- und Slayer-T-Shirts verkauft. Dies offenbar ganz offiziell mit Band-Genehmigung (was nun echte Metal-Fans vor das Dilemma stellt, ob sie die Shirts überteuert im Fanshop kaufen sollen oder beim bösen Multi H&M für wenig Geld – aber das ist eine andere Geschichte).

Guckt euch diese Models an. Die sind ungefähr so Metal wie Justin Bieber.
Guckt euch diese Models an. Die sind ungefähr so Metal wie Justin Bieber.Bild: H&M

Nun neu im H&M-Angebot: Kleidungsstücke mit aufgenähten Schriftzügen kultiger Underground-Metal-Acts:

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Bild: H&M
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Bild: H&M

Ach, erstaunen tut's ja nicht mehr gross. Schliesslich konnte man vor nicht allzu langer Zeit beim Hipster-Kleiderladen Urban Outfitters ein «Vintage Punk Rock Jacket» für 375 Dollar erstehen. Oder ein «Vintage Megadeth Jacket» (ebenfalls 375 Dollar).

Doch alsbald meldete sich die Promo-Agentur Strong Scene Productions zu Wort, die sich verantwortlich für die Band-Auswahl auf der H&M-Kluft zeichnete. Man wolle «das Talent vergessener Juwelen globaler Underground-Musik» feiern, so die Mitteilung. 

«Die neuen H&M-Stücke featuren Logos von längst vergessenen Underground-Goth- und Thrash-Bands wie etwa LANY aus Frankreich, MORTUS aus Mexiko, die amerikanischen ‹cosmic hippie metal›-Gurus MYSTIC TRIANGLE und GREY aus Deutschland, den Begründern des Symphonic-Metal-Genres.»

Hey, Strong Scene hat eigens eine Compilation der Bands auf YouTube gestellt. Hört mal rein – das ist grossartiges Zeugs:

Akribisch werden alte Bandbios dieser obskuren Kult-Acts aufgeführt: «Die Bestimmung von Mortus ist, den allmächtigen Sathanas zu dienen und den schwarzen Samen der heiligen Ziege über die Länder zu verteilen.»

Ebenfalls werden Fundstücke wie Demo-Kassetten oder Konzertflyer gezeigt. Das hier etwa, ...

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... das mit dem Konterfei Hitlers geziert ist. 

Upps.

Hat da ein unachtsamer Kreativer des H&M-Design-Departements schludrig recherchiert und uns ein Bandlogo einer NSBM-Band (National Socialist Black Metal) untergejubelt?

Liebe Nicht-Metaller, ihr könnt euch kaum vorstellen, wie diese Story in einschlägigen Web-Kanälen diskutiert wurde! Doch bald fiel auf: Sämtliche MySpace-Pages und andere Websites aller Bands sind knapp einen Monat alt. Und alle führen zu Strong Scene Productions zurück. 

Des Rätsels Lösung: Hinter Strong Scene Productions steht ein gewisser Henri «Trollhorn» Sorvali, Gitarrist der finnischen Metal-Band Moonsorrow sowie Keyboarder bei Finntroll. Der Herr hat in liebevoller Kleinstarbeit fiktive Bands zu den H&M-Logos erfunden. Mitsamt Band-Geschichte, Promo-Fotos und Demo-Aufnahmen. Und ja, die Nazi-Metaller hat er H&M untergejubelt, denn «ich habe die Nase voll davon, wie Modemarken auf billige Art meine Musik zur kommerziellen Ware machen.» 

Herr Trollhorn, Keyboarder bei Finntroll, trollt einen Moderiesen.
Herr Trollhorn, Keyboarder bei Finntroll, trollt einen Moderiesen.Bild: Metalsucks.net
Die Metal-Szene ist vielseitig, kontrovers – ein Wolf, den man nicht an einer Leine führen und erwarten kann, dass er nach deinen Wünschen pariert wie ein Hund.»
Henri «Trollhorn» Sorvali Vice/noisey

Ein riesiger Hoax, also. Im Interview mit Noisey erlaboriert Sorvali: «Wir wollten aufzeigen, dass man nicht einfach so eine Subkultur kommerzialisieren kann, ohne alle Aspekte davon zu kennen. [...] Der Sinn der Aktion war, die Diskussion anzuheizen darüber, dass Metal mehr als nur cool aussehende Logos auf modischen Kleidern darstellt, wie dies einige Marken versuchen darzustellen. Die Metal-Szene ist vielseitig, kontrovers – ein Wolf, den man nicht an einer Leine führen und erwarten kann, dass er nach deinen Wünschen pariert wie ein Hund.»

Respekt, Herr Sorvali! Metal for life!

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