Nach der Flüchtlingskatastrophe vor Libyen in der Nacht auf Sonntag im Mittelmeer hat die Polizei zwei Überlebende wegen des Verdachts auf Menschenhandel festgenommen. Die Männer kamen nach ihrer Rettung mit weiteren Überlebenden am Montagabend im Hafen Catania auf Sizilien an.
Die Männer seien dort festgesetzt worden, sagte der italienische Infrastruktur-Minister Graziano Delrio am frühen Dienstagmorgen. Nach Angaben aus dem Büro des zuständigen Staatsanwalts handelt es sich um den Kapitän und den ersten Steuermann. Diese seien von Überlebenden identifiziert worden. Ihnen wird mehrfache fahrlässige Tötung, Menschenhandel und Schiffbruch vorgeworfen.
Die Vereinten Nationen gehen nun von etwa 800 Todesopfern aus. Das teilten Vertreter des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am frühen Dienstagmorgen mit. Die beiden Organisationen hatten zuvor in Catania mit den dort angekommenen Überlebenden gesprochen. Nach dem Kentern des Flüchtlingsbootes wurde zunächst von etwa 700 Todesopfern gesprochen. Unter Berufung auf Überlebende berichteten Medien sogar von bis zu 950 Insassen. Nur 28 Insassen konnten gerettet werden.
Alle Überlebende befinden sich mittlerweile auf italienischem Festland. Am späten Montagabend sind im Hafen der sizilianischen Stadt Catania 27 Überlebende auf einem Schiff der Küstenwache eingetroffen. Der 28. Überlebende des Unglücks vom Wochenende war wegen seines schlechten Gesundheitszustands schon früher nach Catania gebracht und dort ins Spital eingeliefert worden.
Zunächst wurden die Flüchtlinge für eine erste Gesundheitsuntersuchung in Zelte geleitet. Danach sollten sie in eine Unterkunft gefahren werden, deren Standort geheim gehalten wurde. Die zahlreichen Medienvertreter am Hafen wurden auf Distanz zu den Flüchtlingen gehalten.
An Bord des Flüchtlingsschiffes, das in der Nacht zum Sonntag gekentert war, sollen rund 800 Menschen gewesen sein. 28 wurden gerettet, 24 Leichen wurden geborgen.
Durch die erneute Flüchtlingstragödie geriet die Europäische Union in die Kritik. Die EU-Aussen- und Innenminister einigten sich als Konsequenz am Montag auf einen Zehn-Punkte-Plan, der unter anderem eine «Stärkung» der Seenotrettung im Mittelmeer vorsieht.
Anlässlich der Ankunft der Überlebenden in Catania demonstrierten einige Dutzend Menschen für die Abschaffung eines italienischen Gesetzes, dass illegal eingewanderte Menschen kriminalisiert. (feb/sda/dpa/afp)