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Von Eseln und Löwen – oder warum ausgerechnet Lausanne den SCB lächerlich macht

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Der MEister in der KRise

Von Eseln und Löwen – oder warum ausgerechnet Lausanne den SCB lächerlich macht

Meister SC Bern unter dem Strich, Aufsteiger Lausanne auf einem Playoffplatz. Lausanne hat zwei Trainer. Der SC Bern keinen.
26.01.2014, 11:1226.01.2014, 11:14
klaus zaugg
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Lausanne HC haben wir vor der Saison auf dem letzten Platz erwartet. Den SC Bern auf Platz eins. Nun steht Lausanne (8.) vor dem SCB (9.). Wie ist das nur möglich geworden?

Prognosen werden mit dem Wissen aus der Vergangenheit gemacht. Der SCB war Meister. Lausanne bloss ein Aufsteiger, der noch nie NLA-Playoffs gespielt hat. Der SCB setzt im Jahr 50 Millionen Franken um. Lausanne nicht einmal 20. Und wir haben die Bedeutung des Trainers unterschätzt.

Der Spruch ist im 19. Jahrhundert kreiert worden. Damals hiess es über die österreichische Armee: «Löwen, geführt von Eseln». Damit sind in träfen Worten die unhaltbaren Zustände in der sportlichen Abteilung des SC Bern auf den Punkt gebracht. Wohl richtet sich der Zorn des Publikums gegen die Versager auf dem Eis. Aber der wahre Grund für den ehrlosen Untergang des Meisters ist das Versagen der Führung.

Mehr gewonnene Zweikämpfe, mehr Torschüsse

Die Niederlage (0:4) in Lugano hat die ganzen SCB-Missstände noch spektakulärer entlarvt als 24 Stunden zuvor das 1:3 gegen Lausanne. «Champions stehen wieder auf. Wir sind Champions». So hatte SCB-Cheftrainer Lars Leuenberger nach der schmählichen Heimpleite gegen Lausanne den Stolz seiner Jungs beschworen.

Seine Jungs reagierten. Sie sind 24 Stunden später in Lugano tatsächlich aufgestanden und haben gegen einen starken Gegner tapfer gekämpft wie Löwen. Sie gewannen mehr Zweikämpfe und sie hatten mehr Spielanteile (32:24 Torschüsse). Aber eben: Sie werden von Eseln geführt. 

SCB-Trainer Lars Leuenberger wirkt immer ratloserBild: Keystone

Wucht, Mut, Talent und Leidenschaft machen nur einen Teil des Erfolges. Es braucht auch Ordnung, Disziplin und Präzision. Eben Eigenschaften, letztlich Automatismen, die in einem langfristigen Prozess im Training eingeübt und vom Trainer eingeschliffen, eingefordert und durchgesetzt werden. 

Ein so talentiertes Team wie der SCB kann während einer gewissen Zeitspanne das Fehlen einer starken Führung und die Folgen eines Larifari-Betriebes ausgleichen. Ja, die Freiheiten zu kreativem Spiel nützen, und kurzfristig auch mit einem anitautoritären Trainer Erfolg haben, der Fehlverhalten in Training und Spiel nicht sanktioniert. Aber diese Zeitspanne ist begrenzt. In Bern endete sie im letzten Frühjahr nach anderthalb Jahren mit dem glückhaften Titelgewinn. 

Der SCB wird Lehtonen gratis los
Offiziell hat der finnische Stürmer Mikko Lehtonen (26) beim SC Bern einen Vertrag bis Ende der nächsten Saison. Aber der SCB wird seinen teuersten Ausländer aller Zeiten (400 000 Franken netto) im Frühjahr gratis feuern. Der Vertrag der offensiven finnischen Nullnummer verlängert sich in Bern nämlich nur im Falle von 40 Skorerpunkten automatisch um ein zweites Jahr. Zurzeit steht Lehtonen nach 31 Partien bei 13 Punkten. Die Gefahr einer Vertragsverlängerung ist damit gebannt. Beim letzten Spiel in Lugano hat der bedauernswerte Finne eine neue Schmach erfahren. Er wurde nicht auf die Tribune verbannt. Sondern als überzähliger Ausländer unter die Wolldecke gesteckt. (kza)

Bührer als Clown im Fasnachtsumzug

Nun folgt nach dem kurzen antiautoritären Wahn die lange Reue. In einer so ausgeglichenen Liga setzen sich am Ende des Dauerwettbewerbes Qualifikation die Mannschaften durch, die weniger Fehler machen. Die intensive Partie Lugano gegen Bern hat gezeigt, warum das so ist.

Aufgerechnet werden die vielen kleinen Fehler und Nachlässigkeiten, die Fehlschüsse und Fehlpässe, die Stellungsfehler und sonstigen taktischen Disziplinlosigkeiten beim Goalie. Der bedauernswerte Marco Bührer (Fangquote 83,33 Prozent) ist in Lugano mit drei vermeidbaren Gegentreffern in einem defensiven Fasnachtsumzug zum Clown gemacht worden. Der ganze riesige Aufwand in der gegnerischen Zone war für die Katz.

Zu oft sieht Marco Bührer die gegnerischen Stürmer jubeln.
Zu oft sieht Marco Bührer die gegnerischen Stürmer jubeln.Bild: Keystone

SCB sollte Leuenberger erlösen

Und damit sind wir wieder beim eingangs erwähnten Spruch: Die SCB-Spieler waren in Lugano Löwen. Aber geführt von den Eseln der sportlichen Abteilung. Kein Wunder, haben sie die taktische Gebrauchsanleitung verloren. Trainer Lars Leuenberger ist nicht Täter. Er ist Opfer.

Der SCB sollte ihn bald erlösen und für den Rest der Saison durch einen anderen Trainer (z.B. Harold Kreis) ersetzen. Wenn Leuenberger den SCB in die Abstiegsspiele coacht, ist seine Karriere ruiniert: Der erste Trainer der Geschichte, der im Playoff-Zeitalter mit dem SCB Abstiegsspiele bestreitet – diesen Schwefelgeruch des Versagens würde er nicht mehr aus den Kleidern bringen. Das hat er nicht verdient.

Lausanne: «Esel, geführt von Löwen»

Lausanne hat nicht nur einen Trainer. Lausanne hat mit Heinz Ehlers und John Fust gleich zwei. Und beide haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie durch taktische Tüchtigkeit unter schwierigsten Bedingungen aus einem Minimum ein Maximum machen können. John Fust in Langnau, Heinz Ehlers in Biel und in Langenthal. 

Heinz Ehlers: Trainiert er Lausanne in die Playoffs?
Heinz Ehlers: Trainiert er Lausanne in die Playoffs?Bild: Keystone

Eine Mannschaft mit Berns Substanz und Lausannes taktischer Disziplin könnte in der NHL überleben. Lausanne ist defensiv so gut, dass der EV Zug am Samstag im letzten Drittel beim Versuch, einen 1:2-Rückstand aufzuholen, bloss noch zu vier Torschüssen kam.

Wie können im Falle von Lausanne salopp sagen: «Esel, geführt von Löwen». Denn im polemischen Vergleich zu den preisgekrönten, tollen Löwen des SC Bern (wie Plüss, Ritchie, Domenichelli, Gardner, Rüthemann oder Vermin) sind die Lausannes Desperados (wie Neuenschwander, Genazzi, Froidevaux, Bürki, Déruns oder Fischer) eher Esel. Aber gut geschult und von Löwen geführt. 

Seit Einführung der Playoffs (1986) hat der SCB die Qualifikation immer in den ersten 8 beendet. Aber nun drohen dem SCB die ersten Abstiegsspiele seit dem Wiederaufstieg von 1986. Die langfristige Lösung ist gar nicht so kompliziert.

Bayern macht auch nicht den Assistenten zum Trainer

Lausanne macht es vor. Lugano ist auf dem besten Weg, mit zwei starken Persönlichkeiten an der Bande (Patrick Fischer, Peter Andersson) seine Depression (keine Playoffserie seit dem letzten Titel von 2006 gewonnen) zu überwinden. Und charismatische Bandengeneräle aus der NHL (Bob Hartley, Marc Crawford) haben die ZSC Lions nach einer Chaossaison (2010/11) wieder zu einem Spitzenteam gemacht.

Ein grosser, richtiger Trainer kann auch in Bern Ordnung und Leistungskultur wieder herstellen. Es ist so einfach: Auch kleine Klubs brauchen grosse Trainer. Grosse Klubs erst recht. Bayern München kommt es schliesslich auch nicht in den Sinn, einen Assistenten zum Cheftrainer zu machen.

Bei Bayern steht ein Löwe an der Seitenlinie: Pep Guardiola.
Bei Bayern steht ein Löwe an der Seitenlinie: Pep Guardiola.Bild: EPA/DPA
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