Amazon wies am Donnerstag auf Twitter Vorwürfe eines US-Abgeordneten zurück, wonach seine angestellten Fahrer zu wenig Toilettenpausen bekommen und aus Zeitdruck in PET-Flaschen urinieren müssen.
Mehrere US-Journalisten bezeugten jedoch genau solche Vorgänge, die auf den immensen Zeitdruck zurückzuführen seien. Und dann veröffentlichte der Investigativ-Reporter Ken Klippenstein beim Online-Medium The Intercept interne Dokumente, die belegen sollen, dass Amazon schon seit Monaten über das Problem Bescheid wusste.
In einem Dokument vom Januar mit der Aufschrift «Amazon Confidential» werden verschiedene Verstösse von Amazon-Mitarbeitern beschrieben, darunter «öffentliches Urinieren» und «öffentlicher Stuhlgang». Das Dokument sei The Intercept von einem Amazon-Mitarbeiter in Pittsburgh, Pennsylvania, zur Verfügung gestellt worden. Diesem wurde Anonymität zugesichert, um ihn vor Repressalien zu bewahren.
Das Problem sei wegen des hohen Drucks, bestimmte Quoten zu erfüllen, so weitverbreitet, dass Manager es häufig in Meetings und E-Mails erwähnt hätten. In einigen Fällen hätten Fahrer gar ihre Notdurft in Tüten verrichtet – und diese wurden nach dem Schichtwechsel in Fahrzeugen gefunden.
Auslöser des Twitter-Battles, das seit Donnerstag immer weitere Kreise zog, war eine Nachricht des neuen Amazon-Chefs Dave Clark. Darin hatte dieser Amazon selbst als «Bernie Sanders unter den Arbeitgebern» bezeichnet.
Daraufhin attackierte der US-Politiker Mark Pocan (Demokraten, Wisconsin) den Amazon-Chef:
Amazons offizieller PR-Account wies das zurück:
Damit nicht genug, wurde über den offiziellen Amazon-Twitter-Account auch die US-Senatorin Elizabeth Warren aus Massachusetts angegangen, als diese Amazon verurteilte für das Ausnutzen von «Schlupflöchern und Steuerparadiesen, um fast keine Steuern zu zahlen». Amazons PR-Abteilung schoss zurück, indem sie sagte, dass Warren die Steuergesetze mache, das Unternehmen folge ihnen nur.
Die Politikerin konterte via Twitter und sagte, dass Amazons eigene Anwälte und Lobbyisten «die Schlupflöcher geschrieben haben», die das Unternehmen ausnutze.
Vermutlich zu dem Zeitpunkt habe man bei Amazon wohl gemerkt, dass es nicht sehr klug sei, sich in einen öffentlichen Twitter-Wettstreit mit Gesetzgebern einzulassen, die versuchten, Tech-Giganten zur Rechenschaft zu ziehen.
Amazon habe auf Warrens letzten Tweet nicht mehr geantwortet, konstatiert Fast Company. Das habe andere Twitter-User nicht davon abgehalten, zu antworten.
today later that year pic.twitter.com/LcyJi6qUjd
— Sarah ☀️ (@sarah_in_ny) March 26, 2021
— Pass the ICOPRO Act (@lightfantastic) March 26, 2021
Das Twitter-Drama ereignete sich in den USA, derweil versuchte der Konzern auf dieser Seite des Atlantiks mit der Schaffung neuer Jobs für positive Schlagzeilen zu sorgen.
PS: Amazon-Deutschland-Sprecher Stephan Eichenseher sagte golem.de auf Anfrage: «Ganz klar: Wer auf die Toilette muss, geht auf die Toilette. Wer etwas anderes behauptet, war noch nie in einem Amazon-Logistikzentrum.»
(dsc)
Als wenn man den Paketboten genug zahlen würde, als dass sie sich Flaschen leisten können!