Was wohl jeweils im Apple-Hauptquartier los war, wenn Ming-Chi Kuo seine «Vorhersagen» veröffentlichte? Raufte sich der CEO verärgert die Haare und traf sich mit dem Marketing-Leiter zur Krisenbesprechung und zum Frust-Bier?
Fakt ist: Kuo, ein heute 33-jähriger Finanzanalyst aus Taiwan, glänzte in der Vergangenheit immer wieder mit Prognosen zur kommenden iPhone-Generation und dem, was sonst noch in der Produkte-Pipeline der Kalifornier steckte.
Damit verunmöglichte er Apple viele Überraschungsmomente und killte den «One More Thing»-Effekt, den Steve Jobs mit perfekt inszenierten Keynote-Auftritten geprägt hatte.
Der Tech-Blog Cult of Mac analysierte alle 2014 abgegebenen Apple-Prognosen von Kuo und attestierte dem medienscheuen Asiaten eine unerreicht hohe «Trefferquote».
2016 folge die nächste Meta-Studie zu Ming-Chi Kuos öffentlichen Vorhersagen: Nun erreichte er immerhin noch eine Quote von 44 Prozent, lag also knapp jedes zweite Mal richtig.
Rasselt die Trefferquote 2017 in den Keller?
Noch nie wussten wir kurz vor der Präsentation dermassen wenig über die nächste iPhone-Generation. Das liegt an dem Sondermodell, das Apple zum 10-Jahr-Jubiläum lanciert.
Zunächst gilt es klarzustellen: Die nächste iPhone-Generation ist nicht verspätet. Sie kommt höchstens später, als Journalisten, Blogger und Analysten (fälschlicherweise) erwarten.
In den letzten fünf Jahren hat Apple die neuen iPhones jeweils an einer Keynote Anfang September präsentiert. Der Verkaufsstart erfolgte (nach Ländern gestaffelt) in den darauffolgenden Wochen und Monaten, jeweils an einem Freitag.
Ob Apple diesen Rhythmus beibehält, ist nicht bekannt. Der September-Termin ist nicht in Stein gemeisselt, und die Kalifornier tun gut daran, die Kunden (und die Wall Street) nicht mit einer überhasteten «Vorstellung» zu verunsichern.
Egal, was uns Blogger und Analysten glauben machen wollen: Es gab und gibt zwar viele Gerüchte aus anonymen Quellen und unscharfe Fotos, die vermutlich frühe iPhone-Prototypen zeigen. Doch wirklich aussagekräftige Informationen fehlen.
Dass keine Aufnahmen aus der Massenproduktion geleakt sind, hat mehrere Ursachen, wie wir gleich sehen.
Dieses Jahr ist bei Apple vieles anders. Dazu passt auch, dass Ming-Chi Kuos Prognose zum Super-iPhone nicht wie üblich von 9to5Mac oder MacRumors publiziert wurde, sondern vom Wall-Street-Analyse-Dienst streetinsider.com.
Kuos wichtigste Punkte:
Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass das Jubiläums-iPhone mehr kostet als bisherige Topmodelle. Sprich: Der Einstiegspreis könnte bei mehr als 1000 Dollar liegen.
In gewisser Weise sei Apple zum Opfer seines eigenen Erfolges geworden, hält der US-Journalist Jason Snell in einer lesenswerten Analyse für das Fachmagazin Macworld fest.
Das iPhone sei ein dermassen populäres Produkt, dass Apple bei neuer Technik stark eingeschränkt sei, respektive wegen der Massenproduktion vor gewaltigen Herausforderungen stehe. Das Unternehmen könne nur Teile verbauen, von denen mehr als 200 Millionen Stück pro Jahr verfügbar seien. Falls ein wichtiger Partner nur 50 Millionen Stück liefern könne, dann sei diese Technologie schlicht nicht fürs neue iPhone verwendbar.
Apples Luxusproblem, von dem die Konkurrenz (abgesehen von Samsung) nur träumen kann: Wenn neue Technik in solch grosser Stückzahl verbaut wird, verteuert dies die Produktionskosten. Da sei es aus Sicht des Unternehmens logisch, den Kaufpreis zu erhöhen, um die angestrebte Marge zu erreichen.
Auch der Apple-Kenner und Blogger John Gruber («Daring Fireball») geht davon aus, dass das Jubiläums-iPhone bezüglich Preis in neue Sphären vordringen wird. Nur so könne Apple die Balance halten, respektive die Nachfrage beeinflussen.
Das Jubiläums-iPhone sei für Apple ein riskanter (finanzieller) Balance-Akt, schreibt der «Macworld»-Journalist. Wer will schon ein iPhone 7S im bekannten Design (mit schnellerem Prozessor) kaufen, wenn es ein «iPhone Pro aus der Zukunft» gibt?
Wo die Schmerzgrenze liegt, wird sich zeigen.
Die unbestätigten Gerüchte und Spekulationen zeigen vor allem eins: Apple hält dicht. Dem US-Unternehmen scheint es tatsächlich zu gelingen, die «Leaks» bei den Zulieferern und asiatischen Produktionsbetrieben aufs Minimum zu reduzieren. (Bekanntlich sind unter dem CEO Tim Cook die Bemühungen, die Geschäftsgeheimnisse zu schützen, massiv verstärkt worden.)
Davon profitieren alle: Der iPhone-Hersteller vom Vorab-Hype um das nächste iPhone, Tech-Blogs und Online-Medien durch viele Klicks, und nicht zuletzt die interessierten User. Endlich dürfen sie sich wieder mal auf eine Apple-Keynote freuen, deren «Highlights» nicht schon Wochen vorher bekannt sind.
Die zweite Erklärung dürfte iPhone-Fans, die auf das neue Top-Modell warten, weniger freuen: Wenn es noch keine geleakten Bilder gibt, könnte dies daran liegen, dass die Massenproduktion bei Foxconn und Co. noch gar nicht angelaufen ist. Dies wiederum würde auf eine spätere Lancierung hindeuten ...
Dazu passt die neuste Prognose einer bekannten Finanzanalystin von Morgan Stanley: Katy Huberty vermutet, dass Apple sein mit viel neuer Technik bestücktes Jubiläums-iPhone nicht im September, sondern erst im Oktober «verschiffen» wird.
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