Nebel
DE | FR
Digital
Tesla

Die unfassbare Story, wie Daimler einen Tesla mietete und bei heimlichen Tests ramponierte

In a photo from Tuesday, April 7, 2015 in Detroit, Alexis Georgeson of Tesla Motors, shows off the navigation screen of the new Tesla Model S 70D during a test drive. Electric car maker Tesla Motors i ...
Daimler ramponiert gemieteten Tesla bei heimlichen Tests – und fliegt wegen eines Falschparkzettels auf.Bild: AP

Die unfassbare Story, wie Daimler einen Tesla mietete und bei heimlichen Tests ramponierte

Wie Daimler über eine Strohfirma einen Tesla von Privaten mietete, heimlich über eine Offroad-Teststrecke jagte und den Luxus-Boliden in desolatem Zustand zurückgab.
04.12.2017, 13:1005.12.2017, 05:10
Mehr «Digital»

Dass sich Autofirmen Fahrzeuge von Rivalen zu Testzwecken besorgen, ist nicht ungewöhnlich. Die folgende Story ist indes mehr als ungewöhnlich.

Wie der «Spiegel» in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, mietete Daimler im Sommer über den Autovermieter Sixt einen Tesla Model X bei Privatleuten für sieben Wochen. «Während der Mietzeit wurde das Auto offenbar auseinandergebaut und wieder zusammengeschraubt. Zudem wurde es unter Extrembedingungen getestet – unter anderem bei Hitze, auf einer Rüttelstrecke und einer Traktionsstrecke», schreibt Spiegel Online.

Das Problem: Im Mietvertrag sind sowohl das Auseinanderbauen als auch die Nutzung auf Teststrecken ausgeschlossen. Am Ende der Mietzeit wurde das Fahrzeug laut den Vermietern mit Schäden in fünfstelliger Höhe zurückgegeben.

Der ramponierte Tesla X gehört Monika Kindlein und Manfred van Rinsum. Die beiden verheirateten Kleinstunternehmer haben sich drei Teslas gekauft, die sie vermieten – etwa für Hochzeiten oder Firmenevents. Ihr Tesla X100 mit 788 PS kostet rund 200'000 Franken.

Offenbar interessierte sich auch Daimler für Teslas Topmodell und hat den E-Luxusboliden heimlich über den Autovermieter Sixt von den Kleinunternehmern gemietet. Als der Wagen zurückkam, war die Heckklappe verzogen und Verkleidungsteile waren provisorisch mit Klebeband wieder angebracht. «Man fragt sich schon, was das für Leute sind, die unser Auto so zurichten», sagte Kindlein gegenüber Spiegel Online.

Daimler hatte den Tesla über den Autovermieter Sixt für die Monate Juli und August gemietet. Dass Daimler der wahre Mieter ist und was der deutsche Autobauer mit dem Mietwagen vorhatte, wussten Kindlein und van Rinsum nicht.

Argwöhnisch wurde van Rinsum, als der Tesla eine Push-Nachricht auf sein Smartphone schickte. Das futuristische E-Auto meldete, dass es gerade nach Barcelona fährt oder transportiert wird – das passte nicht zu den im Vertrag vereinbarten maximal 1500 Kilometern.

Tesla-Besitzer können auf dem Smartphone jederzeit den Standort ihres Gefährts nachverfolgen. Die Ortungsfunktion verriet van Rinsum, dass Daimler den Tesla X auf zwei Teststrecken bei Barcelona und Stuttgart testete.

Das Testgelände bei Barcelona verfüge über eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, eine Bergstrecke und einen steinigen Offroad-Parcours, schreibt Spiegel Online.

Die Ortungsfunktion zeigt: Der gemietete Tesla Model X war unerlaubt auf Teststrecken in Deutschland und bei Barcelona.

Screenshots von van Rinsums Smartphones zeigen den Tesla auf der Rüttelstrecke, der Traktionsstrecke, der Schlechtwegstrecke und am Steigungshügel. 
Screenshots von van Rinsums Smartphones zeigen den Tesla auf der Rüttelstrecke, der Traktionsstrecke, der Schlechtwegstrecke und am Steigungshügel. bild: via spiegel online

Die Ortungsfunktion hätte van Rinsums indes gar nicht gebraucht, um Daimler als wahren Mieter auf die Schliche zu kommen: Die deutschen Tester vergassen einen Falschparkzettel vom Testgelände im Handschuhfach. Es war eine Nachricht aus dem Mercedes Benz Technology Center in Sindelfingen bei Stuttgart. Spätestens in diesem Moment musste den Tesla-Besitzern dämmern, wer den Mietwagen derart zugerichtet haben muss: Mitarbeiter des Daimler-Konzerns bei Testfahrten.

Schriftlicher Beweis: Der Strafzettel belegt, dass der Tesla im Mercedes Benz Technology Center in Sindelfingen stand.
Schriftlicher Beweis: Der Strafzettel belegt, dass der Tesla im Mercedes Benz Technology Center in Sindelfingen stand.bild: van Rinsums via die welt

Der ramponierte Tesla Model X soll Schäden von über 15'000 Franken aufweisen. Hinzu kommen der Wertverlust und der Schaden durch Nutzungsausfall, da der Wagen während der Reparatur nicht weitervermietet werden konnte.

Gibt's ein Happy-End?

Der Fall liegt nun bei den Anwälten, da sich Daimler und Sixt den Schwarzen Peter zuschieben. Die Anmietung von Fahrzeugen zu «Vergleichsfahrten ist in der Automobilbranche ein üblicher Vorgang», teilte Daimler Spiegel Online mit.

Kindlein und van Rinsum machen sich keine grossen Hoffnungen, dass ihre Forderungen von Daimler oder Sixt vollumfänglich vergütet werden. «Es ist doch so: Die beiden Firmen haben Rechtsabteilungen und können ein Heer von Anwälten einspannen», sagt van Rinsum. «Welche Chance hätten wir da?»

(oli)

Neue Transportvision von Tesla-Gründer Elon Musk

Video: watson/Nico Franzoni

Teslas neuer Roadster mit Super-Reichweite

1 / 9
Teslas neuer Roadster mit Super-Reichweite
Tesla hat überraschend einen neuen Roadster vorgestellt: Der sportliche Wagen habe die schnellste Beschleunigung unter Serienautos, versprach Elon Musk.
quelle: tesla
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet um die Zahlung abzuschliessen)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
69 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
The Real Deadpool
04.12.2017 13:50registriert Juni 2017
Und vermutlich übersteigen die Anwaltskoten die tatsächliche Forderung der Geschädigten bei weitem. Aber Hauptsache, nicht bezahlen.
4184
Melden
Zum Kommentar
avatar
DerHans
04.12.2017 13:47registriert Februar 2016
Man könnte den Eindruck bekommen die deutsche Automobilindustrie gleiche einem Hühnerstahl in dem sich ein Fuchs zutritt verschafft hat.
33015
Melden
Zum Kommentar
avatar
90er
04.12.2017 13:22registriert November 2014
1. geht mal überhaupt nicht von Daimler
2. wenn Daimler gegen Vetragsbedingungen verstossen hat sind die Chancen gross, dass Sie dafür entschädigt werden.
Ausserdem find ich es äusserst peinlich wenn ein Milliardenkonzern mit Anwälten angerannt kommt für einen Fall bei dem Sie scheinbar ganz klar die Verantwortung übernehmen müssen.
1104
Melden
Zum Kommentar
69
Wie Apple die EU austricksen wollte und alle auf die Palme bringt
Apple muss das iPhone in Europa öffnen. Der Techgigant versucht die neuen Spielregeln der EU mit allerlei Kniffs und Tricks auszuhebeln. Das könnte sich rächen.

Das neue Digitalgesetz der EU treibt selbst hartgesottenen Tech-Bossen die Schweissperlen auf die Stirn. Als proaktives Kartellrecht soll der Digital Markets Act (DMA) verhindern, dass eine Handvoll besonders mächtiger Tech-Konzerne in Europa nach Belieben schalten und walten können und aufkommende Konkurrenz im Keim ersticken. Bis zu 20 Prozent des weltweiten Konzern-Jahresumsatzes können fällig werden, wenn ein Techgigant wiederholt gegen das Digital-Kartellrecht verstösst. Im Extremfall droht die Zerschlagung.

Microsoft, Google und der Facebook-Konzern Meta haben die verschärften Spielregeln der EU zähneknirschend akzeptiert. Ein Unternehmen legt sich quer. Apple. Der iPhone-Konzern machte von Anfang an keinen Hehl daraus, dass man keine Lust hat, die DMA-Vorgaben im Sinne des Erfinders umzusetzen. Die EU will insbesondere Apples lukratives App-Store- und Bezahldienst-Monopol auf iPhones beenden.

Zur Story