So sei die SwissCovid-App «komplett nutzlos», kommentierte am Freitag ein offensichtlich frustrierter NZZ-Redaktor die Recherchen, an denen er selbst mitgearbeitet hat.
Gleichentags hatte die Zeitung publik gemacht, dass die in den Kantonen ausgestellten Covidcodes in einigen Fällen viel zu spät zu den Getesteten gelangten. In einem besonders krassen Fall aus Genf seien zehn Tage verstrichen, bevor ein an Covid-19 erkrankter Mann den Code erhielt, mit dem er über die App seine Kontakte hätte warnen wollen.
Bei einer solch massiven Verzögerung ist der Nutzen der App tatsächlich gleich null. Denn so können Infektionsketten nicht unterbrochen werden. Bekanntlich erfolgen Ansteckungen schon in den Tagen, bevor Symptome auftreten.
In seinem Kommentar kommt der technikaffine Datenjournalist der NZZ allerdings zu einem fragwürdigen Schluss:
Das ist natürlich blanker Unsinn – und leider Wasser auf die Mühlen der vielen App-Verweigerer im Land.
Richtig ist vielmehr: Wir stehen immer noch am Anfang einer Krise, die vermutlich sehr lange dauern wird. Und wir tun gut daran, aus den gemachten Fehlern zu lernen.
SwissCovid wird auch im Herbst ein Hilfsmittel sein, um eine erneut massive Ausbreitung der Infektionen zu verhindern. So wie auch im Winter. Und im nächsten Frühling.
SwissCovid funktioniert. Die App ist vergleichsweise sehr sicher und zuverlässig, auch wenn noch keine Daten zur Wirksamkeit vorliegen. Und die Probleme, die die NZZ publik gemacht hat, sind nicht unlösbar. Im Gegenteil.
Wie die Abläufe bei den kantonsärztlichen Diensten optimiert werden, die Zusammenarbeit mit den Arztpraxen und den Testlabors effizienter gestaltet wird und welche technischen Änderungen Sinn machen, sollten wir den zuständigen Spezialisten überlassen. Es ist zu erwarten, dass die Chefbeamten und ihre Fachstellen über den eigenen Tellerrand hinausschauen und sich auch intensiv mit dem benachbarten Ausland austauschen. Denn da mussten und müssen die genau gleichen Herausforderungen gelöst werden.
In meinem letzten redaktionellen Kommentar (zu der aus meiner Sicht bislang enttäuschenden Akzeptanz von SwissCovid bei der Schweizer Bevölkerung) schrieb ich, Bundesbern könne und werde uns nicht vor Covid-19 bewahren.
Wir wollen Leben schützen und mit möglichst geringem Schaden aus der aktuellen Situation herauskommen.
Diese Feststellung wird in den kommenden Monaten (und vielleicht gar Jahren) Bestand haben. Statt mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich über Versäumnisse und Fehler Dritter zu ärgern, gilt es Geduld zu haben und die richtigen Lehren zu ziehen aus den gemachten Fehlern.
Corona ist für uns alle Neuland und der Intelligenztest geht weiter. Auch beim Bund und in den Kantonen erhalten die Verantwortlichen neue Chancen, ein besseres Resultat zu erzielen.