Die umstrittene EU-Urheberrechtsreform ist am Donnerstag in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, um die Bestimmungen umzusetzen.
Ziel der Reform ist es, das EU-Urheberrecht aus dem Jahre 2001 an das Zeitalter des Internets anzupassen.
Zwei höchst umstrittene Neuerungen laut Kritikern:
Da die Schweiz kein EU-Mitglied ist, wird das neue EU-Urheberrecht hierzulande nicht gelten – theoretisch. Allerdings ist kaum davon auszugehen, dass grosse internationale Unternehmen (wie Google) die von der EU verlangten Uploadfilter entwickeln, diese aber nicht für die Schweiz anwenden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Schweiz wie die übrigen EU-Länder behandelt wird.
Auch vom neuen «Leistungsschutzrecht» (siehe unten) dürften Schweizer Internet-Nutzer direkt betroffen sein, zum Beispiel wegen der deutschsprachigen Wikipedia-Ausgabe.
Die Urheberrechtsreform hatte innerhalb der EU heftigen Protest ausgelöst, vorwiegend von jungen Menschen. Unter anderem die sogenannten Uploadfilter stiessen auf grossen Widerstand.
Dabei handelt es sich um Programme, die geschützte Inhalte schon beim Hochladen erkennen und aussortieren. Vor der entscheidenden Abstimmung im EU-Parlament gingen im März Zehntausende gegen das Vorhaben auf die Strasse.
Nun wird sich zeigen, wie YouTube und andere grosse Online-Plattformen, die User-Inhalte verbreiten, auf das Inkraftreten des neuen EU-Urheberrechts reagieren.
Noch wissen wir nicht, ob die Content-Filter von Facebook und Co. – wie im Abstimmungskampf von Kritikern des neuen EU-Urheberrechts befürchtet – ungewollt auch Memes, Zitate und Parodien automatisch löschen werden.
«Es wird sich im Markt erweisen, dass dies faire Regeln sind», sagte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger am Donnerstag zur Nachrichtenagentur DPA. Es war Oettinger selbst, der 2016 als EU-Digitalkommissar den Vorschlag für die Reform vorgelegt hatte.
Der deutsche CDU-Politiker Axel Voss, der für den umstrittenen Artikel 13 kämpfte, hatte im Abstimmungskampf beschwichtigt: Er sei überzeugt, «dass das Internet, wenn sich der Staub gelegt hat, so kostenlos sein wird wie heute, dass Schöpfer und Journalisten einen gerechteren Anteil an den Einnahmen ihrer Werke verdienen werden und dass wir uns fragen werden, ob das die ganze Aufregung wert war.»
Die neue EU-Regelung sieht auch ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Presseverlage Medienhäuser vor, um Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung zu sichern. Demnach müssen neu Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten Geld an die Verlage zahlen.
Hier sehen Kritiker insbesondere für kleine Verlage Nachteile, die gegenüber Grossen wie Google eine schwache Verhandlungsposition hätten. Zudem verweisen sie auf Deutschland, wo es ein Leistungsschutzrecht schon seit 2013 gibt, es aber bislang nicht zu nennenswerten Geldzahlungen an die Verlage geführt hat.
Für Webseiten wie Wikipedia «wäre das EU-Leistungsschutzrecht eine Katastrophe», hatte Julia Reda, zuständige Europaabgeordnete der Piratenpartei im Abstimmungskampf geäussert. Und behauptet: «Sogar ein blosses Zitat könnte eine Urheberrechtsverletzung sein.»
Aus Protest war Wikipedia sogar für 24 Stunden «abgeschaltet» worden, zumindest symbolisch. Was das neue EU-Urheberrecht nun tatsächlich auslöst, muss sich erst noch zeigen.
Das Schweizer Urheberrecht ist ebenfalls in Revision. Und es wurde auch über ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage diskutiert. Doch anders als die EU soll nach Meinung des Ständerates die Schweiz vorerst kein solches Leistungsschutzrecht einführen.
Vielmehr soll sie abwarten und die Entwicklung in der EU verfolgen. Der Ständerat stimmte am vergangenen Dienstag der Gesetzesrevision ohne Leistungsschutzrecht zu. Die Vorlage ging nun zurück an den Nationalrat.
(dsc/sda/dpa/afp)