Am 26. August machte watson publik, dass im Kanton Aargau an Sonntagen keine Covidcodes ausgegeben werden.
Covidcodes – das sind die 12-stelligen Codes, die man zwingend benötigt, um andere SwissCovid-User anonym auf eine mögliche Ansteckung mit dem Coronavirus hinzuweisen. Den Code sollte man möglichst schnell in der App eingeben, weil es gilt, die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen.
Am 30. August versprach die zuständige Abteilung innerhalb der Aargauer Kantonsverwaltung Besserung:
Allerdings deckt sich diese Antwort des kantonalen Gesundheitsdepartementes nicht mit den Erfahrungen, die der watson-User Pius Müller* am Wochenende gemacht hat. Nachfolgend schildert der Corona-Infizierte, wie er über Tage vergeblich versuchte, einen Covidcode zu erhalten.
* Name geändert
Pius Müller wird am vergangenen Freitag in einem Aargauer Regionalspital getestet und erhält am Samstagabend um 18 Uhr vom Labor das positive Testresultat.
Weil sich in den folgenden Stunden niemand vom Contact-Tracing-Team meldet, schreibt er am späteren Samstagabend (22.30 Uhr) ein E-Mail an die offiziellen Mailadressen: kantonsarzt@ag.ch sowie coronavirus@ag.ch. In dem Mail erkundigt er sich auch gleich nach dem Covidcode, denn als SwissCovid-User wolle er möglichst schnell per App warnen.
Erst am späteren Sonntagmorgen meldet sich das Contact-Tracing-Team telefonisch bei ihm und fragt nach Kontaktpersonen, die sich bei ihm angesteckt haben könnten. Allerdings will ihm die freundliche Mitarbeiterin auch auf Nachfragen hin keinen Covidcode geben. Man könne ihm leider keinen Code ausstellen, das sei «Chefsache», eröffnete man Pius Müller am Telefon und vertröstete ihn auf später.
Er nimmt es mit Humor. «Das ist ja wie bei der Luftwaffe», meint der Familienvater im Gespräch mit watson. Am Montagnachmittag, kurz vor 14 Uhr, hat er noch immer keinen Covidcode. Und auf die Corona-Hotline des Kantons könne er auch noch nicht anrufen. Dort gebe es «eine zweistündige Mittagspause. Da kommt nur das ‹Bändli›.»
Immerhin: Am Nachmittag, um 15 Uhr, erfolgt der ersehnte Rückruf. Ein Mitarbeiter teilt ihm den Covidcode mit. Seit Vorliegen des Testresultats sind 45 Stunden vergangen.
So lange wollte der Aargauer dann aber doch nicht mehr warten. Er habe schon am Sonntag bei WhatsApp eine sarkastische Statusmeldung veröffentlicht. So seien wenigstens auch die Bekannten und Freunde, die er nicht bereits am Vorabend kontaktiert hatte, zeitnah informiert worden.
Michel Hassler, Leiter Kommunikation, im Departement Gesundheit und Soziales, gibt Entwarnung:
Warum es schliesslich bis am Montagnachmittag dauerte bis zum Ausstellen des Codes ist nicht bekannt. Offenbar sind innerhalb der Kantonsverwaltung nur wenige Leute autorisiert, die entsprechende Software zu bedienen.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG), als Herausgeberin der App, stellt den Kantonen eine Plattform für die sichere und schnelle Code-Generierung zur Verfügung. Die Kantonsärzte sollen die Covidcodes gemäss BAG dann erzeugen, wenn ein konkreter Corona-Fall vorliegt und die Person bestätigt habe, dass sie die SwissCovid App benutzt. Das Generieren der Codes kann auch an weitere autorisierte Personen delegiert werden, um Verzögerungen zu vermeiden.
Wie der Epidemiologe Marcel Salathé, einer der «Väter» der SwissCovid-App, immer wieder betont, kommt es beim digitalen Contact Tracing auf jede Stunde an. Leute stecken sich an, ohne in den folgenden Tagen etwas zu bemerken. Sie können aber unter Umständen hoch ansteckend sein und im schlimmsten Fall als sogenannte Superspreader das Virus verbreiten und Dutzende oder Hunderte infizieren.
Pius Müller wurde wegen eines Verdachtsfalles in der Familie auf Corona getestet. Er befindet sich in Isolation und sagt, es seien keinerlei Krankheitssymptome aufgetreten.