Warum mir zu Beginn ständig nur Idioten auf meiner Fahrspur entgegen kommen, raffe ich erst nach ein paar Minuten. Ich befinde mich ja in Grossbritannien, wo Linksverkehr herrscht. Jetzt macht das alles Sinn. Daran gewöhnt habe ich mich aber auch nach über zehn Spielstunden nicht. Das ist aber auch völlig egal. Aber der Reihe nach ...
«Forza Horizon 4» ist auch wie seine Vorgänger ein Openworld-Rennspiel. Das heisst, man fährt von Renn-Event zu Renn-Event und verdient sich dort Punkte, um seine Karriere voranzutreiben. Und dieses Mal macht das alles sogar richtig Sinn. Denn nur wer fleissig Punkte sammelt, ist dann später auch erst bereit für die nächste Jahreszeit und neue Herausforderungen.
Die ganze Rennparty beginnt also im Sommer. Saftig grüne Wiesen, strahlend blauer Himmel und trockener Asphalt dominieren die wunderschöne britische Gegend. Also versucht man bei diversen Herausforderungen als erster ins Ziel zu kommen, nimmt kleine Aufträge wie ein Foto-Shooting oder einen Stuntman-Job an, donnert durch diverse Steinmauern in kleine Vorgärten und freut sich auf den Jahreszeitenwechsel. So geht Motivation in einem Videospiel.
Meine Güte sieht das Ding fantastisch aus! Dabei sind es gar nicht mal die unzähligen heissen Boliden, die mich aus dem Hocker reissen, sondern diese unglaublichen Landschaften und diese Wettereffekte, die so sehr verzücken. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich die Hauptstrassen verlasse und querfeldein auf eine Spritztour gehe und durchs Unterholz brettere, bis mich ein Baum stoppt. Im Sommer lockt eine saftig grüne Wiese oder ein Kornfeld, im Herbst eine mit Blättern geteerte Feldstrasse sowie strömender Regen und im Winter schneebedeckte Felder, wo ich im kniehohen Pulverschnee versuche meinen Namen mittels Autoreifen zu schreiben.
Das sieht alles so fantastisch aus, dass man die zahlreichen Herausforderungen auf der grossen Landkarte fasst vergisst. Doch dass man diese dann doch bestreitet, wird schliesslich zur Pflicht. Denn ohne Rennen keine Punktzahl und ohne Punktzahl keine neue Jahreszeit, die freigeschaltet wird. Das ist die perfekte Motivation um stundenlang seine Zeit in Grossbritannien zu verbringen.
Natürlich gibt es auch im vierten Teil wieder jede Menge Karren, die warten freigeschaltet respektive gekauft zu werden. Über 400 Autos von über 100 lizenzierten Herstellern tummeln sich in dieser offenen Spielwelt. Erstmals darf man jetzt auch James Bond-Autos in seine virtuelle Garage stellen. Doch bis man so eine Agentenkarre besitzt, muss man erstmal ran und viele Credits verdienen.
Auch im jüngsten Ableger der Serie gibt es wieder diverse Radiosender, die einem mit Musik berieseln. Von knackigen Drum'n'Bass-Beats bis zu eher rockigen Klängen ist alles vorhanden. Den Vogel schiesst aber der Sender «Timeless» ab, wo ständig klassische Musik läuft. Hat man diesen Radiosender gewählt und fährt über die Strassen wird man wunderschön geerdet und kann in aller Ruhe abschalten.
Das Beste an diesem Sender ist jedoch der Radiomoderator. Der anfangs noch leicht genervte Zeitgenosse, der sich über den Horizon-Event echauffiert, wird immer mehr zu einem Fan der Rennveranstaltung. Diese Entwicklung und seine Sprüche sind einfach nur köstlich anzuhören. Zudem gibt es sogar auf diesem klassischen Musikkanal ein Easteregg im Audioformat für alle Microsoft-Fans zu entdecken. Einfach diesen Sender einstellen und dann laufen lassen. Das ist doch die Musik von...? Ja genau, das ist sie!
So wunderschön die Landschaften und die Wettereffekte auch geworden sind, es gibt da diverse Kleinigkeiten, die einfach nur hässlich und dumm sind. Die Avatare und alle Figuren, die sich am Event vorstellen und unnötiges Zeugs labern, könnten langweiliger nicht sein. Alle haben sie eine Helmfrisur, bewegen sich stocksteif wie C-3PO und sind einfach zum Fremdschämen animiert.
Dass ich vom Veranstalter dann im weiteren Spielverlauf ein wunderschönes Häuschen geschenkt bekomme, ist ja ganz nett. Aber warum kann ich mich dort nicht auch ein bisschen umsehen und warum soll ich meinem Avatar dort sinnlose, wirklich hässliche T-Shirts und andere Kleidungsstücke kaufen, die sowieso niemand sieht?
Fazit: «Forza Horizon 4» ist ein Grafikbrett. Es sieht unglaublich gut aus, lädt ein, sich stundenlang in diesem wunderschönen Grossbritannien auf und neben der Strasse auszutoben und weiss wie man die Spielerin, den Spieler lange Zeit motiviert. Dass die Avatare und der damit verbundene Schnickschnack nicht gefallen, stört den Gesamteindruck nicht. Denn in diesem Spiel geht es um Autorennen, eine nahezu perfekte Steuerung und wunderschöne Landschaften, die mit jeder Jahreszeit ein komplett neues Fahrgefühl anbieten und noch mehr Strecken offenbaren. Und von den vielen, vielen Herausforderungen, die noch online warten, wollen wir gar nicht erst anfangen. Einsteigen und geniessen.
«Forza Horizon 4» ist ab dem 2. Oktober erhältlich für Xbox One und PC. Freigegeben ab 3 Jahren.