Irgendwo im Süd-Sinai gehe ich durch eine staubtrockene Strasse. Ein Kind spielt mit einem Reifen, ein etwas angeschlagen wirkender Hund rennt an uns vorbei. Wohin er will, weiss er wahrscheinlich selber nicht.
Plötzlich vibriert mein Handy. Ich blicke drauf und stelle überrascht fest, dass ich eine Nachricht über den Facebook-Messenger erhalten habe.
«Komisch, ich habe das Data-Roaming doch ausgestellt», denke ich mir und schaue schnell nach:
Jep, ausgeschaltet. Kein Grund zur Sorge. Die mobilen Daten sind zwar an, aber das war bis jetzt im Ausland noch nie ein Problem. Vielleicht hat sich mein Samsung Galaxy S7 ja zufällig mit einem öffentlichen WiFi-Netz verbunden.
Ich denke mir nicht mehr viel, auch wenn im Verlaufe des Abends noch weitere Nachrichten in meiner Messenger-Inbox landen. Ein, zwei Mal schreibe ich sogar zurück. Könnte ja sein, dass bei meinem neuen Salt-Abo einige Megabytes im Ausland gratis inklusive sind. Ich habe erst im Dezember von Sunrise zu Salt gewechselt.
Tags darauf sitze ich bei einem Cappuccino in einem gemütlichen Café und spiele eine Partie Schach. Diese sollte ich jedoch nie beenden.
Denn eine SMS von Salt versaut mir so ziemlich die Ferienlaune. An ein konzentriertes Schach-Spielen ist nicht mehr zu denken.
510 Franken soll ich verbraucht haben, ohne dass ich das Data-Roaming angeschaltet habe.
Für mich gibt's nur eins: So schnell wie möglich die SIM-Karte rausnehmen. Abklärungen will ich erst in der Schweiz treffen.
Zurück in der Schweiz dann das grosse Aufatmen: Sowohl der Mitarbeiter im Salt-Shop als auch die Mitarbeiterin im Call-Center meinen, das sei wohl ein Fehler auf Seiten von Salt gewesen. Ich sei nicht der Erste, der dieses Problem melde. Wahrscheinlich müsse ich das nicht bezahlen. Ersterer spricht sogar davon, dass «Hunderte» betroffen seien.
Dem will ich nachgehen und rufe bei Salts Mediensprecher Benjamin Petrzilka an. Das Telefonat wird mich ziemlich sprachlos zurücklassen.
Er verstehe mein Problem nicht, so Petrzilka. «Sie hatten die mobilen Daten aktiviert, es kam zu einem Datentransfer von etwas mehr als 30 Megabyte, was die rund 500 Franken erklärt.»
Die 15 Franken, die der ägyptische Netzbetreiber pro Megabyte verlange, seien tatsächlich sehr hoch. Aber darauf könne Salt keinen Einfluss nehmen. Aus Ägypten werde nun dieser Betrag bei Salt in Rechnung gestellt, da gebe es nicht viel zu machen.
Ich frage nach: «Ich muss also über 500 Franken Roaming-Gebühren bezahlen, ohne dass ich Data-Roaming aktiviert hatte?»
Ja, das sei wohl so, ich hätte die mobilen Daten ausschalten müssen.
Weiter will ich wissen, weshalb ich erst bei einem Betrag von 510 Franken gewarnt wurde. Die Mitarbeiterin im Call-Center habe mir gesagt, normalerweise passiere dies viel früher.
Petrzilka meint, dass das normal so sei. Frühere Warnungen gebe es nur dann, wenn man ein Datenpaket gebucht habe.
«Und wenn ich jetzt mit dem Fahrrad dem Rhein entlang fahre muss ich immer Angst haben, dass es mich in ein deutsches Netz einloggt und mir dann wieder eine saftige Rechnung ins Haus flattert?»
Ich müsse einstellen, dass ich ausschliesslich mit Salt verbunden sein wolle, so Petrzilka. Zudem verschicke Salt ja jedes Mal eine SMS, die darauf hinweist, dass man sich jetzt im Ausland befinde. Das sei ja auch in Ägypten so gewesen.
Wir beenden das Telefonat und ich frage mich, ob ich mich an der eigenen Nase nehmen muss. «Hätte ich die mobilen Daten auch deaktivieren müssen?»
Ich bleibe skeptisch. Ich war gerade über ein Jahr in Asien und musste noch nie Roaming-Gebühren bezahlen. Auch da hatte ich die mobilen Daten meistens eingeschaltet. Allerdings war ich da noch Sunrise-Kunde.
Anruf bei Telekom-Experte Ralf Beyeler bei «moneyland.ch»: Ich schildere meine Erfahrungen und frage, ob der Fehler jetzt tatsächlich bei mir liege.
Im Gegensatz zum Salt-Sprecher versteht mich Beyeler sehr wohl. «Das ist eine Frechheit!», sagt er. «Der Kunde muss davon ausgehen können, dass bei deaktiviertem Data-Roaming keine Roaming-Kosten anfallen.» Da spiele es keine Rolle, ob die mobilen Daten oder dergleichen aktiviert seien.
Möglich sei, dass der Fehler beim Gerät selber und nicht bei Salt liege, so Beyeler. «Das ist jedoch kein Grund, die Kosten auf den Kunden abzuwälzen.»
Bekannt sei das Problem von Geisterroaming, so Beyeler: «Beim Geisterroaming ist es üblich, dass minimale Datenmengen über das Mobilfunknetz übertragen werden, auch wenn das Datenroaming und das mobile Internet deaktiviert sind. Dies sieht der 4G-Standard so vor. Es ist eigentlich ein Konstruktionsfehler im Standard. Doch die meisten Anbieter verrechnen das Geisterroaming nicht, weil nur sehr kleine Datenmengen übertragen werden.»
Würden nun trotzdem so hohe Kosten für den Kunden anfallen, empfiehlt Beyeler, sich an die ombudscom, die Schlichtungsstelle für Telefonie, zu wenden.
Dann weiss ich ja jetzt, was ich als Nächstes zu tun habe ...