Was macht für dich ein perfektes Rennspiel aus? Vielleicht magst du es möglichst realistisch, möchtest jeden Stein unter den virtuellen Reifen spüren. Oder sind es doch die Anzahl der lizenzierten Fahrzeuge, eine authentische Umsetzung der Modelle und natürlich deren Sounds? Oder kommt es dir vor allem auf Fahrspass an, zu dessen Gunsten du gerne auf das eine oder andere Quäntchen Realismus verzichtest?
Im Idealfall steckt unter der Haube eines richtig guten Rennspiels ein bisschen was von allem. Und dann wären wir beim Genre der Simcade-Racing-Games angekommen. Der bekannteste Ableger: Die «Forza»-Serie von Microsoft. Nirgends sonst lagen Freude am Fahren und gespielter Realismus derart nah zusammen.
Genau in diese zugegebenermassen grosse Nische möchte nun auch das britische Team von Slightly Mad mit «Project Cars 3» vorstossen. Richteten sich die zuvor veröffentlichten Ableger eher an Rennspielpuristen, soll der dritte Teil endlich auch den Mainstream erreichen.
Während der Präsentation erklärt Game Designer Matt York, dass man einen neuen «Gameplay-Loop» kreieren möchte, um Spieler zum Dranbleiben zu motivieren. Was sich wie Entwickler-Kauderwelsch anhört, bedeutet im Klartext: «Project Cars 3» belohnt dich für nahezu jede Aktion im Spiel – egal, ob in der Karriere, in eigenen Events oder gar im Online-Spiel.
Im Anschluss an jedes Rennen erhältst du Erfahrungspunkte und Ingame-Credits. Du erzielst also jederzeit Spielfortschritt. Gerade das verdiente Kleingeld benötigst du dringend: Damit kaufst du zum einen neuen fahrbaren Untersatz, rüstest diesen auf oder schaltest gar neue Veranstaltungen in der Karriere frei.
«Wir haben in Project Cars immer versucht, eine Rennfahrerkarriere nachzubilden. Diesmal aber möchten wir dem Spieler ein besseres Gefühl für den eigenen Fortschritt geben», erklärt Matt York weiter. Und für diesen Eindruck des «Vorankommens» kannst du sogar unliebsame Divisionen überspringen. Keine Lust auf Muscle Cars oder Strassenkutschen? Dann lass diese Veranstaltungen einfach aus!
Slightly Mad verzichtet dabei auf eine Geschichte oder andere Erzählelemente. Das Geschehen auf der Strecke steht im Vordergrund. Du arbeitest dich durch insgesamt zehn Divisionen mit unterschiedlichen Renn- und Fahrzeugtypen. Vor jeder Veranstaltung stellt dich das Spiel vor verschiedene Aufgaben: etwa einen Platz unter den ersten drei, das Meistern von Kurven oder auch das Erreichen einer bestimmten Rundenzeit.
Auch hier gilt: Du musst nicht jedes Rennen gewinnen, um Fortschritt zu erzielen. Manchmal landest du noch nicht mal in den Top Ten und hast trotzdem alle Aufgaben abgehakt. Das motiviert und trotzdem ist «Project Cars 3» kein Kinderspiel. Schliesslich fordert es dich genau so, wie du es dir einstellst.
Bist du ein erfahrener Spieler, deaktivierst du Hilfefunktionen und stellst die Gegner-KI ein Stückchen höher. Dafür erhältst du im Gegenzug mehr Erfahrungspunkte und Credits. Als Anfänger greifen dir Symbole für Abbremsen, Lenken und Beschleunigen statt einer dynamischen Ideallinie unter die Arme. Das Einzige, was weiterhin fehlt, ist eine Rückspulfunktion, um Unfälle oder Fahrfehler wieder auszubügeln.
Auf der Strecke selbst wird «Project Cars 3» dem angesprochenen Ruf der Simcade-Games zweifellos gerecht. Über 200 Autos von Herstellern wie BMW, Ford, Ferrari oder Honda warten auf dich. Nach dem Freischalten kannst du deinen Wagen in der Werkstatt upgraden und so die Werte und Fahreigenschaften verbessern. Aber gerade in der Karriere musst du aufpassen: Motzt du dein Spielzeug zu sehr auf, darfst du in bestimmten Divisionen nicht mehr antreten.
Auch bei Leistungstuning gilt die Devise «Komplex, aber doch überschaubar». Farbige Balken zeigen die Auswirkung deiner Basteleien an. Willst du tiefer einsteigen, dann darfst du vor dem Rennen im Detail-Tuning an den Teilen herumschrauben, die du zuvor mit Upgrades montiert hast. Ähnlich wie in Actionspielen legst du auch in «Project Cars 3» verschiedene Konfigurationen für deine Fahrzeuge fest und greifst immer wieder darauf zu.
Zusätzlich zu dem Leistungs- und Fein-Tuning bearbeitest du deine Autos auch optisch. So verpasst du den Karren etwa eine frische Lackierung mitsamt Mustern und anderen Design-Elementen. Das mag für Offline-Spieler nur eine nette Dreingabe sein, für Multiplayer-Freunde jedoch ist das durchaus wichtig. Schliesslich fungiert hier der eigene Wagen als Avatar: Alle anderen Spieler werden deine Farben und dein Auto sehen.
Neben den klassischen Versus-Optionen bietet «Project Cars 3» auch die asynchronen «Rivalitäten». Bei diesen wechselnden Herausforderungen stellst du eine Bestzeit auf und Freunde oder auch Fremde müssen diese brechen. Dadurch entsteht eine Art Konkurrenzkampf, auch wenn du und deine Mitstreiter nicht gleichzeitig auf der Strecke seid.
Wir begannen diesen Artikel mit dem Genre der Simcade-Racer und der Suche nach einem neuen Platz für die «Project Cars»-Reihe. Slightly Mad geht hier definitiv einen anderen Weg: Einsteigerfreundlicher, offener und zugänglicher. Gerade das Erfahrungssystem und die ständigen Belohnungen motivieren weit mehr als das langweilige Abarbeiten einzelner Rennen der Vorgänger.
In der Proberunde jedenfalls überzeugt «Project Cars 3». Egal, ob bei strahlendem Sonnenschein oder bei Regen – das Spiel rangiert technisch weiterhin in der Königsklasse, gibt sich aber weitaus einladender und genügsamer. Viele Strecken, Fahrzeugtypen und Spielmodi runden das Gesamtpaket ab. «Project Cars 3» erscheint am 28. August 2020 für Playstation 4, Xbox One und PC. Wenn Slightly Mad das auf die Strecke bringt, was die Preview-Fassung andeutet, dann könnte das einstmals graue Mäuschen an der schillernden Konkurrenz vorbeiziehen.