VW lanciert den ID.3. Bild: sda
Die Vorbereitungen dauerten länger als geplant. Doch jetzt bringt Volkswagen die ersten Exemplare seines absehbar wichtigsten Modells ID.3 auf den Markt. Es soll Elektroautos massentauglich machen.
Mit einigen Wochen Verzögerung erhalten am Freitag die ersten Kunden das neue Elektroauto ID.3. Das Modell macht den Auftakt einer Baureihe reiner E-Fahrzeuge, in die Milliarden-Investitionen fliessen. Zunächst übergibt VW den Wagen in Dresden und Wolfsburg an eine ausgewählte Zahl von Käufern, ehe am Montag (14.9.) der allgemeine Marktanlauf startet.
Auch in der Schweiz haben E-Auto-Fans in den letzten Tagen die Ankunft des ID.3 beobachtet.
Der ID.3 soll dazu beitragen, E-Mobilität in Europa massentauglich zu machen. Er ist verglichen mit bisherigen Mittelklasse-Elektroautos relativ günstig und hat eine höhere Reichweite (siehe Slideshow).
Als weitere E-Modelle der Serie folgen zum Jahreswechsel der kompakte SUV ID.4, später auch der Elektro-Bulli ID.Buzz. Der ID.4 ist anders als der ID.3 für den globalen Markt konzipiert, der unter anderem in den USA und in China Käufer finden soll.
Die Produktion des ID.4 ist enbenfalls bereits angelaufen. Video: YouTube/nextmove
Bei Konzerntöchtern wie Audi, Skoda oder Seat wird dieselbe Plattform eingesetzt: Der Modulare E-Antriebs-Baukasten (MEB) ist die Basis zahlreicher künftiger Modelle, von denen bis zum Jahr 2028 bis zu 22 Millionen Stück gefertigt werden sollen. VW hofft durch die Synergien (eine Elektro-Plattform für alle Marken) und voraussichtlich hohe Stückzahlen die Kosten für E-Autos weiter senken zu können. Hersteller, die beispielsweise die teuren Akkus in grösseren Mengen einkaufen bzw. produzieren können, haben gegenüber kleineren Rivalen Kostenvorteile.
Zunächst gibt es den ID.3 in einer begrenzten Sonderausgabe, das Serienmodell soll dann ab Oktober auf die Strasse kommen. VW hatte die Produktion im November 2019 in Zwickau begonnen. Ab 2021 soll das Auto zusätzlich aus der «Gläsernen Manufaktur» in Dresden kommen.
In der Software-Ausstattung hatte es Probleme gegeben. Ursprünglich war der Marktstart des ID.3 schon im Sommer geplant gewesen. Doch vor allem die Vernetzung der Steuergeräte hatte sich als sehr komplexes Thema erwiesen.
Einige Funktionen sind in den jetzt ausgelieferten Autos noch nicht verfügbar, die Kunden müssen im Winter Updates nachladen. Das Branchenmagazin «Auto, Motor und Sport» sah nach einem Fahrtest bei Verarbeitung und Elektronik des ID.3 «noch erheblichen Nachbesserungsbedarf». Antrieb und Fahrwerk funktionierten dagegen perfekt.
Die Nachfrage nach vor allem kleineren Elektroautos war zuletzt auch durch die in Deutschland und anderen Ländern aufgestockten Kaufprämien gestiegen. Die Anpassung der nötigen Fertigungskapazitäten ist für die Autobauer aber schwierig. Gleichzeitig muss VW etwa für die E-Version des Kleinstwagens Up einen Bestellstopp verhängen, weil die Produktion hier nicht mit den Bestellungen mithält und so längere Wartezeiten entstehen.
In der Corona-Krise sind die Autoverkäufe weltweit eingebrochen. Elektroautos legen im schrumpfenden Gesamtmarkt aber weiter zu. Im August erreichten reine E-Autos und Plug-in-Hybride mit rund 16 Prozent den bislang höchsten monatlichen Marktanteil in der Schweiz. Zum Vergleich: Anfang 2018 lag ihr Marktanteil noch bei 2,7 Prozent.
VW-Chef Herbert Diess posiert vor dem kommenden ID. Buzz. Bild: AP/FR
Konzernchef Herbert Diess gilt bei VW als Elektro-Turbo, der den Volkswagen-Konzern gegen anfängliche interne Widerstände zum führenden Elektroauto-Anbieter umwandeln will. Diess spricht sich auch für schärfere CO2-Abgasziele aus, die den Wandel vom Verbrenner hin zum Stromer beschleunigen würden. Ein schneller Wandel würde VW voraussichtlich in die Hände spielen, da der Volkswagen-Konzern von den etablierten Herstellern seine Modellpalette am schnellsten von Verbrennern auf reine E-Autos umstelle, wie Branchenexperten glauben.
Insgesamt steckt Volkswagen bis 2024 etwa 33 Milliarden Euro in die Elektromobilität, ein Drittel davon bei der Kernmarke. Nach und nach werden mehrere Werke vollständig umgestellt und die Belegschaft weiterqualifiziert. Die Produktion des Autos soll CO2-neutral sein. Bei den Lieferketten für Batterierohstoffe will VW die Transparenz zu Arbeitsbedingungen und Umweltfolgen erhöhen und schloss dazu eine Partnerschaft mit der darauf spezialisierten Agentur RCS Global.
Diess liess jüngst auch den Chef des US-Rivalen Tesla, Elon Musk, einen ID.3 Probe fahren.
Video: YouTube/Own360 Austria
(oli/sda/awp/dpa)