Nadine* stellt jeden Tag Bilder von sich ins Netz. Im Gegensatz zu vielen anderen Influencern tut sie dies nicht nur auf der beliebten Social-Media-Plattform Instagram. Spezielle Bilder lädt sie auf OnlyFans hoch. Das Portal funktioniert wie Instagram, nur bezahlen die Nutzer, um die Fotos darauf zu sehen. Warum nicht auf diese Weise mit den Bildern ein bisschen Geld dazuverdienen?
Der Haken daran: Die «Fans» zahlen nicht für nette Ferienfotos, sondern erwarten von den Influencern nackte oder mindestens halb nackte Bilder. Mit Recht kann man sich fragen, ist das noch soziale Vernetzung oder schon Pornografie? Auf jeden Fall schreckt OnlyFans vor letzterem nicht zurück und geht dabei doch anders vor als gängige Sexportale. Nadine* sagt:
Die 27-Jährige verkauft seit einem Jahr ihre Bilder auf der Plattform und verdient damit «gutes Kleingeld», wie sie es nennt. OnlyFans schafft Nähe zwischen Influencer und Fans; dafür – und nicht für irgendwelche erotischen Fotos allein – sind die Nutzer bereit zu zahlen.
Die Seite ist so aufgebaut, dass sie dem Abonnenten Nähe vermittelt. Folgt man seinem Idol, sieht man seine privaten Inhalte, kann mit ihm chatten und sich spezielle Bilder und Videos wünschen. Inhalte, die man nirgendwo anders im Internet findet. Nicht einmal auf Google. Denn alles, was auf OnlyFans passiert, bleibt bei OnlyFans – verspricht der Betreiber.
In den Augen von Nadine ist OnlyFans eine gute Sache, weil sie mit ihren freizügigen Bildern schon oft angeeckt ist. Vor allem auf Instagram, denn ein bisschen Haut zeigen ist dort erlaubt, aber eben nicht zu viel. Sonst wird das Bild oder sogar das Profil gelöscht.
«Wir haben den Post entfernt, weil er gegen unsere Community-Richtlinien bezüglich Nacktheit oder sexueller Aktivität verstösst», verkündet die beliebte Internetplattform dann. Ein Ärgernis für Nadine, aber auch für viele andere, denn eine klare Linie soll es beim Löschen nicht geben. Oft sollen Unterwäsche- oder gar Bikinibilder gelöscht worden sein, weil der Algorithmus nicht erkannt habe, ob die Haut genügend bedeckt ist.
Das hat sich OnlyFans zum Vorteil gemacht. Tatsächlich existiert die Erwachsenenversion von Instagram, die grösstenteils viel nackte Haut zeigt, schon seit 2016. Bekannt wurde OnlyFans allerdings erst vor ein paar Monaten während des Lockdowns. Nun tummeln sich Sexarbeiter, Prominente und Normalos auf der Seite – und verdienen dort Geld. Denn anders als bei Instagram sind die Profile hier immer privat. Man kann sie erst anschauen, wenn man ein Abo gelöst hat.
Im Durchschnitt verlangen die sogenannten Creators zwischen 15 und 20 Dollar im Monat, von denen die Website-Betreiber 20 Prozent erhalten. Zahlt man den Betrag, hat man Zugriff auf den gesamten Inhalt der jeweiligen Person.
Auf diese Weise können die Creators mehrere tausend Franken im Monat verdienen. Ist man bekannt, kann weitaus mehr dabei herausspringen: Hollywood-Schauspielerin und Influencerin Bella Thorne soll innert 24 Stunden eine Million Dollar an OnlyFans verdient haben.
Auch hierzulande lichten mehr oder weniger bekannte TV-Promis und Influencer ihre Körper ab, um die Fotos dann auf der Plattform zu verkaufen. Auch Nadine gehört in die Kategorie Influencer. Pro Monat zählt sie um die hundert Abonnenten. Dank ihrer treuen Fans und ihrer Interaktion, hat die 27-Jährige es geschafft, unter die «Creator Top 9» weltweit zu kommen. Für sie sei es trotzdem nur ein Nebengeschäft.
Sie ziehe sich nicht ganz aus, betont Nadine. Ein Einzelfall in ihrem Umkreis, wie das Model erzählt. Ihre Freundinnen würden auf der Plattform viel mehr zeigen, sogar Sexvideos drehen. Das käme für sie nicht infrage. «Das bin ich einfach nicht.»
Niemand solle sie ganz nackt sehen. Das dürfe nur ihr Freund, der sie seit nunmehr sechs Jahren begleitet. Er akzeptiere ihre freizügige Seite genauso wie ihre erotischen Fotos im Internet. Gegen OnlyFans habe er nie etwas gesagt. «Ich mache ja auch nichts Schlimmes. Im Gegensatz zu vielen anderen bin ich ja brav», merkt Nadine an.
Eine grosse Gefahr birgt die Website. Schnelles Geld mit Fotos verdienen – das kann für viele verlockend klingen. Auch für junge Frauen, die auf die falsche Spur geraten könnten. Gemäss der britischen Zeitung «The Standard» finanzieren 22 Prozent der 3161 befragten Studentinnen und Studenten in Grossbritannien ihr Studium mit freizügigen Bildern und Videos auf OnlyFans. Aber auch in den USA zahlen gemäss Medienbericht immer mehr Studierende mit dem Verdienst der Plattform ihre Universitäts- und Collegegebühren.
Genau davor warnt auch Nadine, denn obwohl sie grossen Spass an OnlyFans hat, würde sie nicht jedem raten, sich ein Profil zu erstellen:
*Name der Redaktion bekannt. (aargauerzeitung.ch)
Wie genau verhindert OnlyFans, dass die User den Content nicht speichern und anderswo wieder hochladen?
Wenn jemand will, kann er "Nadines" Bilder kaufen, online stellen und sie hat kaum eine Chance, diese jemals wieder unter Kontrolle zu bekommen.