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Cambridge-Analytica-Skandal: Schlag gegen Facebook

Im Cambridge-Analytica-Skandal zieht sich die Schlinge um Facebook zu

Das britische Parlament hat die Herausgabe interner Facebook-Dokumente erzwungen.
26.11.2018, 06:5826.11.2018, 08:10
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Gibt es im Skandal um Facebook und die Datenanalysefirma Cambridge Analytica eine überraschende Wende? Das britische Parlament hat am Samstag in einem sehr ungewöhnlichen Schritt die Herausgabe interner Facebook-Dokumente erzwungen, wie der «Observer» publik machte.

Laut Bericht wurde in London ein nie zuvor angewandter parlamentarischer Prozess genutzt, um den Gründer einer Softwarefirma zur Herausgabe interner Facebook-Dokumente zu zwingen. Dies geschah während einer Geschäftsreise nach London. Unter Androhung von Konsequenzen.

Im Hotel abgeführt

Demnach suchte ein sogenannter Sergeant-at-Arms den Geschäftsführer zunächst in seinem Hotel auf und stellte ihm ein Ultimatum von zwei Stunden. Nachdem der Mann die Dokumente nicht herausgegeben hatte, wurde er ins Parlament eskortiert. Ihm wurde gesagt, dass er Geldstrafe und sogar Gefängnis riskiere, worauf er schliesslich kooperierte.

Unter den beschlagnahmten Dokumenten sollen sich E-Mails verantwortlicher Manager sowie von Facebook-Chef Mark Zuckerberg befinden, die zur Aufklärung des Skandals beitragen könnten, fasst heise.de zusammen.

Für den Schlag gegen Facebook verantwortlich ist der britische Politiker Damian Collins, Vorsitzender des Digital, Culture, Media and Sports Committee (DCMS). Er sagte:

«Dies ist ein beispielloser Vorgang, aber es ist auch eine beispiellose Situation. Wir haben von Facebook keine Antworten erhalten und wir glauben, dass diese Dokumente Informationen von hohem öffentlichem Interesse enthalten.»
quelle: heise.de

Die Schlinge zieht sich zu

Das betroffene US-Unternehmen ist Six4Three – eine externe Facebook-Softwareentwicklerfirma, die in einen anderen Rechtsstreit mit Facebook verwickelt ist und im Zuge dessen schwere Anschuldigungen in den USA erhob.

In Zuge des Rechtsstreits zwischen Six4Three und Facebook hat ein US-amerikanisches Gericht in Kalifornien bereits verfügt, dass gewisse Dokumente in den USA nicht veröffentlicht werden dürfen. Und genau diese wurden nun angeblich beschlagnahmt, als der Six4Three-Geschäftsführer in London weilte.

Six4Three soll Facebook beschuldigen, von den fragwürdigen Auswirkungen seiner damals gültigen Privatsphären-Richtlinie gewusst zu haben. So konnten Partnerfirmen wie Cambridge Analytica im grossen Stil Nutzerdaten absaugen, von «Freunden von Freunden», ohne deren Zustimmung zu haben.

Dokumente sind in den USA unter Verschluss

Facebook soll den Datenschutz-Albtraum gezielt herbeigeführt, für sich ausgenutzt und auf den praktisch ausgehebelten Datenschutz sogar hingewiesen haben. Diese schweren Anschuldigungen erhob Six4Three.

2015 kam es jedoch zur Kursänderung: Facebook führte eine geänderte Privatsphäre-Richtlinie ein und beschränkte den Zugriff der Entwickler auf Nutzerdaten. Einigen Entwicklern sei aber sogar nach diesem Zeitpunkt Zugriff auf «Freunde»-Daten gewährt worden, so der Vorwurf von Six4Three.

Facebook bestreitet diese Anschuldigungen und geht seinerseits in den USA juristisch dagegen vor.

Nach der nun erfolgten Beschlagnahmung der Dokumente durch das britische Parlament soll Facebook die Zuständigen bereits aufgefordert haben, die Dokumente weder zu lesen noch zu veröffentlichen und sie zurückzugeben.

Urteil angefochten

Die britische Datenschutzaufsicht hatte Facebook wegen des Datenskandals zu einer Strafe von 500'000 Pfund verurteilt. Vor wenigen Tagen hat Facebook das Urteil angefochten.

Der im März 2018 enthüllte Skandal hatte bald darauf zur Einstellung der Geschäfte von Cambridge Analytica und seiner Muttergesellschaft in den USA geführt.

(dsc, via heise.de)

Cambridge Analytica: Der Skandal einfach erklärt

Video: watson/Emily Engkent, Corsin Manser
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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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marcog
26.11.2018 07:43registriert Februar 2016
Nicht schlecht. Ich hätte nicht gedacht, dass sich eine Regierung derart mit Facebook anlegen würde. Hoffentlich wird Facebook danach mal richtig in die Schranken gewiesen.
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Hierundjetzt
26.11.2018 07:57registriert Mai 2015
Willkommen in Europa Facebook. Einem Kontinent, in dem die Anliegen der Bürger ernst genommen wird. Tja, das mag eine neue Erfahrung für Euch sein, aber jeder lernt dazu.
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Pafeld
26.11.2018 08:26registriert August 2014
Was dabei herauskommt, wenn man im Parlament Leute hat, die von der "neumodischen" Technik etwas verstehen und entsprechend handeln.
Unser Parlament hat in der zuständigen Kommission ja nur ein paar Dinosaurier, welche damit überfordert sind, einen Computer nur schon korrekt herunterzufahren. Die SwissID nur mal als Beispiel genommen.
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