Digital
EU

Drohendes Meme-Verbot und «Internet-Zensur» in der EU beunruhigen User

Drohendes Meme-Verbot und «Internet-Zensur» in der EU beunruhigen User

20.06.2018, 16:5220.06.2018, 17:17
Mehr «Digital»

Ein wichtiger Ausschuss im EU-Parlament hat sich beim europäischen Urheberrecht für die umstrittene Einführung von Uploadfiltern auf grossen Online-Plattformen ausgesprochen.

Kritiker sehen durch derartige Uploadfilter die Meinungs- und Informationsfreiheit gefährdet. Satire, Parodie oder Zitate könnten von Algorithmen nicht erkannt werden – und würden zu Unrecht gesperrt. Es drohe ein Meme-Verbot.

Bild
screenshot: pr0gramm.com

Das Problem seien die Aufnahmen, die von Dritten gemacht wurden und für die es daher auch Rechteinhaber gibt. Wer ein Meme im Internet veröffentlicht, besitzt in der Regel nicht die Rechte an dem verwendeten Bildmaterial. Hier könnte ein entsprechender Upload-Filter also das Hochladen verhindern.

Die Annahme von «Artikel 13» durch das EU-Parlament hätte für die Schweiz keine direkten Folgen. «Allerdings würden sich rechtliche Entwicklungen in der EU – zumindest indirekt und mittelfristig – immer auch auf die Schweiz auswirken», zitiert 20 Minuten Online den Rechtsanwalt Martin Steiger.

Zudem sehe auch der Entwurf für das neue Schweizer Urheberrechtsgesetz Upload-Filter vor, wenn auch vorläufig ausschliesslich für Online-Plattformen, die eine besondere Gefahr für Urheberrechtsverletzungen schaffen. Wie etwa Google.

Es drohen «gravierende Beschränkungen»

Neben dem umstrittenen «Artikel 13» erhielt auch das sogenannten Leistungsschutzrecht für Presseverlage am Mittwoch in einer geheimen Abstimmung im EU-Rechtsausschuss eine knappe Mehrheit.

Das EU-Parlament habe die Weichen für ein restriktives Urheberrecht gestellt, kommentiert Spiegel Online. Nun drohen der Aufbau einer gigantischen Filter-Infrastruktur und gravierende Beschränkungen des Internets.

«Wie automatische Filter zuverlässig zwischen echten Urheberrechtsverletzungen auf der einen und Satire, Zitaten und anderen erlaubten Ausnahmen auf der anderen Seite unterscheiden sollen, ist absehbar: gar nicht. Das kann die heutige Technik schlicht nicht leisten. Siehe YouTube, das hat so einen Filter schon. Das System heißt Content ID und funktioniert selbst beschränkt auf Videos nach jahrelanger Arbeit und mit den gewaltigen finanziellen Mitteln von Google alles andere als perfekt.»

Aller Voraussicht nach wird das EU-Parlament im Juli im Plenum darüber entscheiden, ob es in Verhandlung mit den EU-Staaten treten will. Kritiker sehen in den möglichen Neuregelungen eine Gefahr für das freie Internet. Sie hatten unter dem Hashtag #SaveYourInternet mobil gemacht.

Bei change.org gaben über 250'000 besorgte Internet-User ihre Stimme ab. Kämpferischer Slogan: «Stoppt die Zensurmaschine – Rettet das Internet!»

Gegen Google News

Für das Leistungsschutzrecht hatten sich in den letzten Jahren vor allem Verlegerverbände stark gemacht. Demnach sollen Portale wie Google News künftig nicht mehr ohne Erlaubnis Überschriften oder kurze Ausschnitte von Pressetexten in ihren Ergebnissen anzeigen dürfen. Das Gesetz besteht in ähnlicher Form bereits in Deutschland, ist aber sehr umstritten.

In Spanien hatte Google seinen Dienst Google News komplett eingestellt, nachdem ein Gesetz in Kraft trat, das noch schärfer als das deutsche Leistungsschutzrecht gefasst ist.

Der vom Ausschuss genehmigte Entwurf sieht ausserdem vor, dass Online-Plattformen künftig schon während des Hochladens der Inhalte prüfen müssen, ob diese urheberrechtlich geschützt sind. Diese müssten sie dann gegebenenfalls sperren oder entsprechende Lizenzen dafür erwerben.

(dsc/awp/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
19 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Walter Sahli
20.06.2018 17:14registriert März 2014
Und ab 2030 wird es heissen, "The internet is indeed just for porn!"
1165
Melden
Zum Kommentar
avatar
Sandro Wanderlust
20.06.2018 17:34registriert Juli 2017
Ich schwanke. Einerseits würde ich Memes sehr vermissen, andererseits könnte ich mit der neu gewonnenen Zeit, die ich nicht mit Memes verbringe, locker die Anwaltsprüfung und ein Medizinstudium nachholen sowie Kung-Fu und Quantenphysik erlernen.
1005
Melden
Zum Kommentar
avatar
B-Arche
20.06.2018 18:36registriert Februar 2016
Presseverleger : "Ihr müsst uns bei der Suche listen denn Ihr habt ein Quasi-Monopol bei der Suche. Und dann müsst ihr aber uns dafür bezahlen damit ihr den Link anzeigen dürft."

Und sowas hat dank Oettinger auch noch Erfolg.
292
Melden
Zum Kommentar
19
Wie ein 16-Jähriger und ein Hochschul-Dozent (mit Köpfchen) für die Ukraine kämpfen
Der Krieg bringt nicht nur das Böse im Menschen hervor, sondern auch viel Gutes. In einer Serie lässt watson Ukrainerinnen und Ukrainer zu Wort kommen, die sich abseits der Front für ihre Heimat einsetzen.

Der Überlebenskampf der Ukraine wird nicht nur in den Schützengräben entschieden. Auch im militärischen Hinterland stemmen sich Männer und Frauen gegen die Übermacht des Feindes. Und sie helfen dem Land, indem sie Dinge organisieren, die an der Front dringend benötigt werden.

Zur Story