Digital
Datenschutz

Automatische Gesichtserkennung vor dem Champions-League-Finale 2017

Wer es bis hier hin geschafft hat, wurde vom «System» nicht als Terrorverdächtiger identifiziert.
Wer es bis hier hin geschafft hat, wurde vom «System» nicht als Terrorverdächtiger identifiziert.bild: wikimedia creative commons

Drastische Massnahme wegen Terror-Angst: Vor dem CL-Finale wird jedes Gesicht gescannt

Um das Endspiel der Champions League vor Terroristen zu schützen, setzt die South Wales Police auf Massenüberwachung. Ein Pilotprojekt sieht automatische Gesichtserkennung weit vor dem Stadion vor.
27.04.2017, 09:2327.04.2017, 14:48
Mehr «Digital»

Big Brother rund um das Champions-League-Finale 2017 in Cardiff: Wenn Fussball-Fans am 3. Juni in die walisische Hauptstadt reisen, werden sie unfreiwillig zu «Versuchskaninchen» in einem Pilotprojekt der britischen Polizei. Trotz heftiger Kritik beabsichtigten die Sicherheitsbehörden, automatische Gesichtserkennung zu testen, berichtet das «Vice»-Medium Motherboard.

Automated Facial Recognition (AFR): Das bedeutet, dass Sicherheitskameras am Bahnhof und vor dem Stadion die Gesichter der Passanten erfassen und die biometrischen Daten an einen Server übermitteln. Dort analysiert eine Spezial-Software die Gesichtszüge, erstellt unverwechselbare Profile und gleicht diese mit einer Datenbank mit 500'000 Einträgen ab.

Video-Überwachung gibt's schon lange, wo ist das Problem?

Brennende Frage aus Sicht der Datenschützer: Wer überprüft die Rechtmässigkeit der weitreichenden Überwachung?

Was mit den erfassten biometrischen Daten von rund 170'000 Besuchern passiert, ist nicht bekannt. Diese Daten müssen gelöscht werden. Offen ist auch, nach wem gesucht wird.

Motherboard schreibt von einer halben Million Menschen, sogenannten «persons of interest», die offenbar davon abgehalten werden sollen, bis ins Principality Stadium zu gelangen. Wen die Polizei in der Datenbank gespeichert hat, wird nicht verraten. Nebst gesuchten Terroristen dürften es Personen mit islamistischem Hintergrund sein, sogenannte Gefährder. Ob auch verurteilte Gewalttäter und «Hooligans» dazugehören, ist offen.

Das Geschäft mit der Terror-Angst

Was für Datenschützer ein Albtraum ist, ist für die Anbieter von AFR-Technologie ein gutes Geschäft. Die South Wales Police hat den Auftrag für 177'000 britische Pfund ausgeschrieben. Mittlerweile wurde ein Partner gefunden, der Vertrag endet 2019.

Vorfälle wie der Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund vor dem Champions-League-Viertelfinale zeigten, warum die Sicherheitsbehörden den Einsatz von AFR-Technologie forcieren: Dies äusserte der in Grossbritannien für die Überwachung zuständige Regierungsvertreter Tony Porter in einem schriftlich geführten Interview mit Motherboard. Der «Surveillance Camera Commissioner» hatte im März eine nationale Strategie zur Videoüberwachung veröffentlicht.

Wobei anzumerken bleibt, dass gerade der Anschlag in Dortmund zeigt, dass die Massenüberwachung nicht mal annähernd verhindern kann, dass Kriminelle zuschlagen.

Bis heute basieren die Verfahren zur Gesichtserkennung «im Wesentlichen auf der Anordnung von Augen, Augenbrauen, Wagenknochen, Nase und Mund, sowie der Beschaffenheit der Haut.»
Bis heute basieren die Verfahren zur Gesichtserkennung «im Wesentlichen auf der Anordnung von Augen, Augenbrauen, Wagenknochen, Nase und Mund, sowie der Beschaffenheit der Haut.»bild: shutterstock

Der Fluch der Technik

Neben der Frage, wer die Massenüberwachung überwacht, ist die Effizienz der AFR-Technologie infrage gestellt. Die automatische Gesichtserkennung funktioniert nur in kontrolliertem Rahmen und mit hochauflösenden Kameras zuverlässig. Die Sicherheitskameras, die bisher an Bahnhöfen, Flughäfen und anderen öffentlichen Plätzen zur Überwachung angebracht wurden, liefern in der Regel zu wenig scharfe Aufnahmen. Dies bestätigten unabhängige Berichte von Behörden und die Praxis.

Die South Wales Police habe bereits ihre negativen Erfahrungen mit der AFR-Technologie gemacht, berichtet Motherboard. Während des Notting Hill Carnival im letzten Jahr hätten die Sicherheitskameras nicht eine einzige Person erkannt ...

Automatische Gesichtserkennung durch Polizei-Computer finde ich ...

Das Land der aufgehenden Sonne setzt am Flughafen auf AFR-Technologie

Die Chinesen sind bereits viel weiter: Unlängst wurde ein WC-Papier-Automat mit Gesichtserkennung lanciert

epaselect epa05887017 A visitor uses a facial recognition toilet paper dispenser in a public toilet in the Temple of Heaven Park in Beijing, China, 04 April 2017. China is introducing facial recogniti ...
Bild: HOW HWEE YOUNG/EPA/KEYSTONE

via Slashdot

So überwacht uns der Staat (11.4.2016)

Alle Storys anzeigen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
17 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Harald Schmidt
27.04.2017 11:07registriert März 2017
"No system of mass surveillance has existed in any society that we know of to this point that has not been abused."
Edward Snowden
211
Melden
Zum Kommentar
avatar
Paul_Partisan
27.04.2017 10:56registriert November 2014
"Unsere Freiheit stirbt mit eurer Sicherheit..."!
212
Melden
Zum Kommentar
17
Nvidia-Chef behauptet, es gebe Lösung für gefährliche KI-«Halluzinationen»
Das Problem sei nicht die generative KI, sondern der Mensch ...

Ein zentrales Problem der Verlässlichkeit von KI-Software wird sich nach Einschätzung von Nvidia-Chef Jensen Huang durchaus beheben lassen. Ein Weg sei, die Software die Informationen überprüfen zu lassen. «Halluzinationen sind sehr lösbar», behauptete Huang am Rande der Nvidia-Entwicklerkonferenz GTC am Dienstag. Als KI-Halluzinationen werden Fälle bezeichnet, in denen Software Dinge einfach erfindet.

Zur Story