Eine Online-Handelsplattform, die als Nachfolger der Drogenbörse Silk Road gilt, ist am Dienstag unerwartet geschlossen worden. Es handelt sich um den im Januar 2014 gegründeten Evolution Market, der sich nur über das Tor-Netzwerk ansteuern liess. Bezahlt wird dort wie seinerzeit bei Silk Road mit der Digitalwährung Bitcoin.
Auf der Diskussionsplattform Reddit schrieb ein gewisser «NSWGreat» als Evolution-Market-Administrator, zwei andere Administratoren seien auf einmal nicht mehr erreichbar. Mit ihnen sei eine grosse Summe Bitcoin verschwunden. «NSWGreat» behauptet, ihm seien schon vor einigen Tagen Unregelmässigkeiten aufgefallen. Geldtransaktionen hätten nur verspätet oder gar nicht funktioniert.
Der mutmassliche Betrug war möglich, weil die Marktbetreiber bei der Abwicklung von Geschäften offenbar direkten Zugriff auf die bewegten Gelder hatten. Ausserdem strich Evolution Market bei jedem Geschäft eine Umsatzbeteiligung zwischen 2,5 und 4 Prozent ein.
Angeblich zwölf Millionen Dollar Schaden
Neben dem Reddit-Nutzer meldet auch der IT-Sicherheitsexperte Brian Krebs das Verschwinden des Marktplatzes. Krebs zitiert einen anonymen Gelegenheitskäufer mit der Einschätzung, diese Entwicklung sei absehbar gewesen. Die unter den Tarnnamen «Kimble» und «Verto» abgängigen Admins hätten früher eine Website betrieben, die auf Kreditkartenbetrug spezialisiert war.
Brian Krebs beziffert den eingetretenen Schaden auf ungefähr zwölf Millionen Dollar. Das Magazin «Forbes» kommt zu ähnlichen Zahlen. Ein befragter IT-Sicherheitsexperte geht demnach beim Evolution Market von gut 20'000 aktiven Händlern und 475'000 Transaktionen im letzten Jahr aus. Für 2014 vermutet er einen Umsatz in Höhe von umgerechnet rund 52 Millionen Dollar.
Die Folgen des Verschwinden von Evolution Market dürften sich in überschaubaren Grenzen halten. Der Bitcoin-Kurs fiel zwar nach dem Bekanntwerden der Betrugsaktion zeitweise von 290 auf 250 Dollar. Für den Bereich des illegalen Online-Handels bedeutet der Fall nur einen kurzen Dämpfer. Sobald ein Untergrundmarkt geschlossen worden sei, egal, ob von der Polizei oder den Betreibern, seien umgehend Nachfolger aufgetaucht, bilanziert das Tech-Magazin «The Register».
(meu)