Auch wenn Nokia jahrelang ein Schattendasein auf dem Handy-Markt führte, hat der Name immer noch einen guten Klang. Der heutige Hersteller HMD baut darauf auf – und macht anderen Anbietern von Android-Smartphones Konkurrenz mit solider Qualität zu Kampfpreisen.
Der finnische Handy-Hersteller HMD will mit einer runderneuerten Modellpalette den Markennamen Nokia wieder fest im Smartphone-Geschäft verankern.
HMD will in allen Marktsegmenten mitspielen: Zur Mobilfunk-Messe Mobile World Congress in Barcelona wurden am Sonntag vier neue Smartphone-Modelle enthüllt. Drei davon zu aggressiven Preisen zwischen 99 und 399 Franken – dazu ein Flaggschiff-Modell für rund 750 Franken. Für Nostalgiker gibt es zusätzlich eine Neuauflage des legendären Schiebe-Handys 8110 aus dem Jahr 1999, diesmal aber mit schnellem LTE-Datenfunk.
Die Neuauflage des 8110 ist mit 4G ausgerüstet und bietet ein 2,4 Zoll grosses Curved-Display. Auch WLAN, ein Kopfhöreranschluss und eine 2-MP-Kamera sind an Bord, gute Fotos lassen sich mit ihr aber definitiv nicht schiessen. Das Retro-Handy ist vor allem zum Telefonieren oder für SMS gedacht. Trotzdem sind eine Handvoll Apps wie «Snake», Facebook oder Twitter vorinstalliert. Weitere Apps können bei Bedarf heruntergeladen werden.
Ein Argument für das Nokia 8110 als Zweithandy ist natürlich der Akku, der eine Standby-Zeit bis zu 25 Tage haben soll.
Alles Banane? Das Nokia 8110 4G in standesgemäßer Farbe! #MWC2018 #MWC18 #MWCtechnews #nokia pic.twitter.com/JZoyym0qLw
— Saturn Austria (@SaturnAustria) 26. Februar 2018
Den Anspruch auf einen Platz in der Spitzengruppe des Marktes untermauert HMD mit dem neuen Nokia 8 Sirocco, das äusserlich an das Samsung-Flaggschiff Galaxy S8 erinnert und mit 749 Euro auch ähnlich teuer ist. Das Nokia 8 Sirocco ist wasserdicht (nach IP67) und, wie es sich für Finnen gehört, kälteunempfindlich. Wie gewohnt setzt HMD auf das pure, nicht veränderte Android von Google, sprich Android One. Dies garantiert schnelle Softwareupdates. Das Nokia 8 Sirocco sei «das Statement, wer wir sind», sagte Produktchef Juho Sarvikas in Barcelona.
Im Grunde ist das Sirocco eine schönere und technisch aufgemotzte Version des Nokia 8 von 2017. Zwar bleibt beim Prozessor alles beim Alten, dafür gibt es neu 6 GB Arbeitsspeicher und 128 GB internen Speicher. Zudem wurden kleine Schwächen des Vorgängers ausgemerzt. Die Kamera bietet mit zwei Sensoren auf der Rückseite eine primäre Weitwinkelkamera für Low-Light-Aufnahmen und eine sekundäre 13-MP-Kamera mit zweifachem optischen Zoom. Überarbeitet wurde auch die Kamera-App, so dass ambitionierte Fotografen im Pro-Modus die volle manuelle Kontrolle über ihre Fotos bekommen.
Negativ fällt hingegen auf, dass der herkömmliche Kopfhöreranschluss – anders als bei den günstigeren Nokia-Modellen – wegrationalisiert wurde.
Das Nokia 8 Sirocco soll ab Mitte April für rund 750 Franken (UVP) in den Handel kommen.
Das Nokia 7 Plus ist irgendwo zwischen Ober- und Mitteklasse positioniert. Das zeigt sich auch beim moderaten Preis von 399 Euro. Dafür bekommt man einen ziemlich schnellen Prozessor (Snapdragon 660), 4 GB Arbeitsspeicher, 64 GB Speicher und eine Dual-Kamera. Positiv fällt der sehr grosse Akku auf (3800 mAh), der per USB-C sehr schnell geladen werde kann.
Wie alle neuen Nokia-Smartphones läuft auch das 7 Plus mit der neusten, nicht modifizierten Android-Version Oreo.
Dem 2017 erfolgreichen Mittelklassemodell Nokia 6 hat HMD ein Upgrade spendiert. Der neue Prozessor (Snapdragon 630) soll 60 Prozent schneller als der Vorgänger sein. Eine verbesserte Kamera, USB-C-Schnellladung, kabelloses Laden, 4 GB Arbeitsspeicher und Gesichtserkennung zum Entsperren gibt es bei HMD für 279 Euro. Damit dürfte das Nokia 6 (2018) vor allem Kunden ansprechen, die ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis suchen.
Das neue 6er-Modell soll ab April im Handel sein.
#NOKIA6 (2018)
— ђลиµмล (@hanumakirun) 25. Februar 2018
•Snapdragon 630
•4GB RAM
•32/64GB ROM
•3000mAh Battery
•Camera with Zeiss Optics
•Wireless Charging
•Quick Charging
•#FaceUnlock
•#AndroidOne
€279 (₹22,000) pic.twitter.com/JWmgNJbqwy
Als vollwertiges Einstiegs-Smartphone gibt es das Nokia 1 zum Preis von 99 Euro, das aber trotzdem die neueste Android-Version «Oreo» hat, die bei der Konkurrenz bisher oft auch deutlich teureren Modellen verwehrt blieb.
Mit dem Nokia 1 zielt HMD primär auf Jugendliche ab. Dies einerseits mit dem tiefem Preis und anderseits mit den austauschbaren Xpress-on-Covern, die dem Smartphone verschiedene Looks ermöglichen. Damit das langsame Handy dennoch flüssig läuft, kommt es mit Android 8.1 Go, einer von Google speziell für langsame Smartphones optimierte Android-Version.
Im vergangenen Jahr seien 70 Millionen Nokia-Telefone verkauft worden, sagte HMD-Chef Florian Seiche. Nach Schätzungen von Marktforschern waren allerdings nur rund sechs bis neun Millionen davon Smartphones. Das hat offenbar gereicht, um im 4. Quartal 2017 bekannte Hersteller wie Google, Sony, HTC oder Lenovo zu überflügeln.
Talking about smartphones performance, in Q4 2017, @HMDGlobal sold more Nokia branded phones globally and is now bigger smartphone brand than following individual brands:
— Neil Shah (@neiltwitz) 12. Februar 2018
HTC
Sony
Alcatel
Lenovo
OnePlus
Gionee
Meizu
Coolpad
Asus
HMD ist die Nummer eins im Geschäft mit einfachen Handys, die immer noch rund 1,3 Milliarden Nutzer weltweit haben. Indien war im vergangenen Jahr der grösste Markt für die Marke Nokia. Bei den Smartphones rangierte HMD im 4. Quartal 2017 bei den weltweiten Verkaufszahlen auf Rang 11. Im Gesamtmarkt – Handys und Smartphones – lag HMD laut Schätzungen von Marktforschern auf Platz 6.
Seiche hatte im vergangenen Jahr das lukrative Premium-Segment noch zur «mittelfristigen Aufgabe» erklärt, für die HMD noch Technologie aufbauen müsse. Im vergangenen Jahr sei es aber gelungen, die Marke Nokia wieder «als Player ins Spielfeld» zu bringen.
HMD wolle davon profitieren, dass es im Markt bei grosser Auswahl an Differenzierung zwischen den einzelnen Anbietern fehle. «Für uns ist das Wichtigste, dass wir mit einer eigenen Identität, die auf der Stärke der Marke Nokia aufbaut, eigenständiges Profil haben und Kunden ansprechen können.»
Im Interview mit watson sagte Seiche Ende 2017, dass man in drei bis fünf Jahren wieder mit den Marktführern Samsung, Apple und Huawei auf Augenhöhe sein wolle.
Mit Material der Agentur SDA.