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Legida-Demo floppt, Ausschreitungen in Leipzig – Pegida-Chef tritt wegen Hitlerschnauz zurück

Schwarzer Tag für Pegida

Legida-Demo floppt, Ausschreitungen in Leipzig – Pegida-Chef tritt wegen Hitlerschnauz zurück

21.01.2015, 18:2022.01.2015, 03:26
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Dem islamkritischen Legida-Bündnis - einem Ableger der Pegida in Dresden - ist es nicht gelungen, für eine Grossdemonstration in Leipzig wie erhofft Zehntausende Teilnehmer zu mobilisieren. Zur Kundgebung auf dem zentralen Augustusplatz versammelten sich am Mittwochabend laut Polizei knapp 15'000 Menschen.

Nach Angaben aus Polizeikreisen standen rund 15'000 Legida-Anhänger über 20'000 Gegnern gegenüber. Die islamkritische Bewegung hatte mit 40'000 Demonstranten gerechnet. Ein Polizeisprecher sagte am Abend, während des Demonstrationszuges habe es wiederholt Handgemenge gegeben. Die Gegendemonstranten hätten mehrfach versucht, auf die Demonstrationsstrecke von Legida zu gelangen, seien aber von der Polizei daran gehindert worden. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete zudem von Übergriffen von Legida-Demonstranten auf eine Journalistin. Auch andere Medien berichteten von Drohungen gegen Pressevertreter.

Riesiges Polizeiaufgebot in Leipzig
Riesiges Polizeiaufgebot in LeipzigBild: EPA/DPA

Nach Ende der Abschlusskundgebung auf dem Augustusplatz vor der Oper gab es gegen 21.30 Uhr Zusammenstösse zwischen Legida-Anhängern, die auf dem Weg zum Bahnhof waren, und Gegendemonstranten. Ein Polizeisprecher sagte dazu, die Polizei sei rasch zur Stelle gewesen und habe die beiden Seiten unter Einsatz von Schlagstöcken getrennt. Dabei habe es zwei oder drei Leichtverletzte gegeben.

Auf Seiten der Gegendemonstranten seien auch Anhänger der linksautonomen Szene beteiligt gewesen. In Leipzig gibt es eine starke linke Szene, die teilweise als gewaltbereit gilt. Erst vergangene Woche gab es in Leipzig Ausschreitungen bei einer unangemeldeten Demonstration gegen Pegida. Brandanschläge auf Bahnstrecke Die Demonstrationen wurden von mehr als 4000 Polizisten aus mehreren Bundesländern und der Bundespolizei abgesichert. Vor der Grossdemonstration gab es auf der Bahnstrecke zwischen Dresden und Leipzig zwei Brandanschläge. Nach Angaben einer Bahnsprecherin musste der Fernverkehr nach Leipzig weiträumig umgeleitet werden. Der Nahverkehr aus der Richtung Dresden konnte zeitweilig nicht in den Leipziger Hauptbahnhof einfahren. Wie eine Sprecherin der Bundespolizei am Mittwoch sagte, verübten Unbekannte zwei weitere Anschläge im Bereich des Leipziger Citytunnels. Dadurch kam es zu Störungen im S-Bahn-Verkehr. Nach der Absage der Dresdner Pegida-Demonstration am Montag waren aus dem Raum Dresden zahlreiche Unterstützer der Legida-Kundgebung erwartet worden. 

Pegida-Chef tritt zurück

Für den eigentlichen Paukenschlag sorgte allerdings der Rücktritt von Pegida-Chef Lutz Bachmann. Der Mitgründer und Chef der «Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes» (Pegida) trat am Mittwoch von seinen Ämtern zurück. Zuvor waren Fotos Bachmanns mit Hitler-Schnurrbart und ausländerfeindliche Äusserungen des 41-Jährigen bekanntgeworden. Sie hatten eine Welle der Empörung ausgelöst.

Will nicht mehr: Lutz Bachmann.
Will nicht mehr: Lutz Bachmann.Bild: Jens Meyer/AP/KEYSTONE

Ausländer als «Viehzeug» bezeichnet

Am Abend zog der Pegida-Chef die Konsequenzen. «Es tut mir leid, dass ich damit den Interessen unserer Bewegung geschadet habe», erklärte er.

Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte zuvor Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung aufgenommen. In den Posts bezeichnete Bachmann Ausländer als «Viehzeug», «Gelumpe» und «Dreckspack».

Distanzierung innerhalb der Bewegung

«Die jetzt bekanntgewordenen Facebook-Postings Lutz Bachmanns vom September weisen wir als Verein aufs Schärfste zurück», erklärte Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel. «Sie tragen nicht dazu bei, Vertrauen zu den Zielen und Protagonisten von Pegida zu entwickeln.»

Bachmann ergänzte in der schriftlichen Mitteilung: «Es waren unüberlegte Äusserungen, die ich so heute nicht mehr tätigen würde.» Das «Hitler-Foto» hatte er zuvor als Spass bezeichnet und zu entschuldigen versucht.

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Bild: EPA/dpa

Die rechtskonservative Partei AfD (Alernative für Deutschland) begrüsste Bachmanns Rücktritt. «Er hat mit seinen traurigen Äusserungen und ekelhaften Scherzen die Menschen von Pegida, die getrieben von ehrlichen Sorgen auf die Strasse gehen, beschämt», sagte Sprecher Christian Lüth.

Die AfD hatte in den vergangenen Wochen Kontakt zur Pegida-Bewegung gesucht. Einer öffentlichen Begegnung mit Bachmann war die AfD-Spitze jedoch aus dem Weg gegangen.

Nach Morddrohungen von Islamisten befindet sich Bachmann unter Polizeischutz. Wegen der Terrorgefahr hatte die Dresdner Polizei die für vergangenen Montag geplante Pegida-Kundgebung und alle weiteren öffentlichen Versammlungen in der Stadt untersagt. Bachmann hatte die Anhänger des Bündnisses deshalb zur Teilnahme an der Kundgebung des Leipziger Pegida-Ablegers Legida am Mittwochabend aufgerufen.

Legida in Leipzig am Mittwochabend, doch es kamen nur wenige Demonstranten.
Legida in Leipzig am Mittwochabend, doch es kamen nur wenige Demonstranten.Bild: HANNIBAL HANSCHKE/REUTERS

Das sächsische Oberverwaltungsgericht wies eine Beschwerde der Legida («Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes») gegen Auflagen der Stadt zum Demonstrationsverlauf noch am Abend als unzulässig zurück. Die Islamkritiker waren zuvor schon vor dem Leipziger Verwaltungsgericht gescheitert.

Legida-Demo
Legida-DemoBild: HANNIBAL HANSCHKE/REUTERS

Differenzen zwischen Pegida und Legida

Zwischen Pegida und Legida zeigten sich am Mittwoch Differenzen: Pegida-Sprecherin Oertel kündigte an, eine Unterlassungsklage zu prüfen, da sich die Legida-Organisatoren bislang geweigert hätten, den Forderungskatalog von Pegida zu übernehmen. (sda/dpa/afp/reu)

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