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Der Gulag

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Der Gulag

24.12.2015, 14:45
Rafi Hazera
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Heiss war es. Nur ein schwaches Licht durchströmte den Raum. Seit Stunden wimmerte eine Arbeiterin leise in der Ecke.

Zu essen gab es ein Mal täglich dünnen Haferschleim. Und wehe dem, der ausserhalb der Essenszeiten zur Toilette musste. Es roch entsprechend. Staub, Schweiss, Exkremente. Wie die Tiere wurden sie gehalten. Ach was, die Tiere hatten hier die besseren Bedingungen.

Um den Verstand nicht vollständig zu verlieren, konzentrierte sich Ronur auf seine Arbeit. Mit tausendfach geübten Bewegungen arbeitete er heute schon seit 19 Stunden am Band.

Erste Schraube rein, Teile zusammenfügen, zweite Schraube rein, Fair Trade-Stempel drauf, Teile zurück aufs Förderband legen. «Fair Trade». Oh, bittere Ironie. Glaubte drüben, in der heilen Welt, wirklich noch jemand an diese Labels?

Der Arbeiter versuchte, möglichst kein Blut von seinen zerschlissenen Fingern auf die Ware zu schmieren. Sonst würde ihn der Mann wieder schlagen. Verfluchter alter Mann! Wie viele von ihnen hatte der Hurensohn schon auf dem Gewissen. Diesen Monat allein, hatte es 36 Arbeiter erwischt. Entweder durch die Todesstrafe aufgrund «mangelhafter Arbeit», oder sie waren an Erschöpfung gestorben.

Er würde den alten Mann umbringen, schwor sich Ronur.
Bei der nächstbesten Gelegenheit.

Der alte Mann blickte von seinem verglasten Büro hinunter auf die riesige Fabrikhalle. Als hätte er es geahnt, schaute Ronur hoch und ihre Blicke kreuzten sich.

«Hör auf rumzuplempern, Nummer 4801! Weitermachen!» krächzte es über die Anlage. Zufrieden nuckelte der alte Mann an seinem Eierlikör und kraulte Rudolph hinter dem Ohr.

Das dreckige Elfenpack würde ihn schon noch kennen lernen.




Hier finden Sie Rafi Hazeras Hipsterlitheater.
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Rafi Hazera
Rafi Hazera ist Grafiker, Comedian, Zürcher und das Herrchen des Zukkihunds. Rafi ist extrem schön. Und auch weise. Das ist Allgemeinwissen. Und er hat den Text für dieses Kästli natürlich nicht selber geschrieben. Wenn ihn jemand fragt, warum sein Blog auf watson «Hipsterlitheater» heisse, obwohl er gar nicht immer über Hipster blogge, dann lacht Rafi laut und sagt der Person, dass ihm ihre Meinung völlig schnurz sei und er manchmal auch an die S-Bahn-Türe lehne, obschon dies ausdrücklich nicht erwünscht wird. So ein ungehobelter Rowdy ist er nämlich.


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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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milkdefeater
24.12.2015 16:38registriert Februar 2015
O.O
Didn't see that coming.
582
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Zum Kommentar
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Lionqueen
24.12.2015 22:35registriert Juni 2015
Geflasht 😱 völlig unerwartet, aber gut geschrieben.
383
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theSkywalker
24.12.2015 18:16registriert Juni 2015
Unerwartet aber sehr geil!
Frohe Weihnachten :)
323
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Zum Kommentar
8
Der Ort, an dem die Frauen baggern
Ich war für ein Wochenende in Davos und habe eine kleine Analyse und eine Nummer für euch mitgebracht.

Wer in Zürich jemanden kennenlernen will, so im echten Leben, in einer Bar oder einem Club, ich rede hier nicht von den ganz verrückten Dingen, die nur in Filmen passieren, wo sich Leute am helllichten Tag auf dem Trottoir kreuzen und so verzaubert sind, dass sie umdrehen und einander auf der Stelle ehelichen, nein, ich rede hier vom billigbanalen, promillebedingten Ansprechen an Orten, wo man sich kaum sieht und hört, davon rede ich, und auch das passiert in Zürich nie. Mir nicht, meinen Freundinnen und Freunden nicht und dir ganz bestimmt auch nicht. Ausser vielleicht, du siehst aus wie Jennifer Lawrence. Aber wer sieht schon aus wie Jennifer Lawrence? Eben.

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