Die genauen Hintergründe des Unglücks von Endingen werden derzeit untersucht. Klar ist: Die sieben Passagiere im verunglückten Postauto hatten alle einen Sitzplatz. Und das Fahrzeug war mit Sicherheitsgurten ausgerüstet. Doch hätten sich die Passagiere damit überhaupt schützen können? Kapo-Sprecher Bernhard Graser: «Nach den aktuellen Erkenntnissen über den Unfallhergang hätten Gurte nichts gebracht.»
Vom Gesetz her ist niemand verpflichtet, sich während einer Postautofahrt anzugurten. In der Schweiz besteht seit 2006 eine Gurtpflicht für Reisecars, nicht aber für öffentliche Linienbusse. Der Grund: Ein Obligatorium wäre kaum durchsetzbar, heisst es beim Bundesamt für Verkehr (BAV). Stehplätze könnten keine mehr angeboten werden, sagt Sprecher Andreas Windlinger. «Wenn zu Stosszeiten oder auf viel genutzten Strecken alle Sitzplätze besetzt wären, müssten weitere Passagiere, die zusteigen möchten, an den Haltestellen stehen gelassen werden.» Dazu kommt: Die heutigen Fahrpläne könnten nicht mehr eingehalten werden, weil das Ein- und Aussteigen länger dauern würde.
Sobald Busse oder Postautos für Extrafahrten wie Vereinsausflüge oder Hochzeitsfahrten im Einsatz stehen, müssen sich die Passagiere angurten. Weil Busunternehmen regelmässig solche Fahrten anbieten, rüsten sie neue Fahrzeuge mit Sicherheitsgurten aus. Bei Postauto Schweiz sind etwa die Hälfte der Fahrzeuge damit ausgestattet. Wie viele Fahrgäste sich freiwillig angurten, ist bei Postauto nicht bekannt. Im Linienbetrieb werden sie nicht auf die Gurte hingewiesen.
«Anschnallen ist in jedem Fall ratsam», sagt Daniel Menna, Sprecher der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). Er halte es aber für gerechtfertigt, dass es keine Gurten-Pflicht gibt: «Die Nachteile würden den Gewinn für die Sicherheit überwiegen.» Denn Unfälle mit Verletzten oder gar Todesopfern seien in Linienbussen verhältnismässig selten. Zwischen 1992 und 2013 starben sechs Passagiere, 267 verletzten sich in der gleichen Zeitspanne schwer.