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Kristallnacht-Twitterer erhält bedingte Geldstrafe wegen Rassendiskriminierung

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Gericht hat entschieden

Kristallnacht-Twitterer erhält bedingte Geldstrafe wegen Rassendiskriminierung

19.05.2014, 14:5119.05.2014, 17:46
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Schuldspruch für den «Kristallnacht-Twitterer»: Das Bezirksgericht Uster ZH hat den früheren Stadtzürcher SVP-Schulpfleger wegen Rassendiskriminierung zu einer bedingten Geldstrafe und 1800 Franken Busse verurteilt. Er hatte 2012 via Twitter islamfeindliche Kurznachrichten verschickt.

Die Staatsanwaltschaft verlangte am Montag eine Verurteilung wegen Rassendiskriminierung. Weiter forderte sie eine bedingte Geldstrafe und eine Busse. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch.

Kernpunkt der Anklage war die im Juni 2012 auf der Online-Kommunikationsplattform Twitter verbreitete Tweet «Vielleicht brauchen wir wieder eine Kristallnacht... diesmal für Moscheen». Der Beschuldigte hatte sich darüber geärgert, dass es in der Schweiz Muslime gebe, die meinten, das Recht zu haben, ihre Frauen zu schlagen, wenn diese den Sex verweigerten.

Der Beschuldigte twitterte daraufhin unter anderem: «Wir sollten dieses Pack aus dem Land werfen». Nach dem Kristallnacht-Tweet schrieb er auch noch: «Ich würde gewisse Leute tatsächlich gerne an die Wand stellen und erschiessen. Dreck weniger auf Erden wäre gut».

Nach negativen Reaktionen auf seine Tweets löschte er sie einige Minuten später wieder. Es gab aber schon Screenshots davon. Deren Veröffentlichung löste einen Sturm der Entrüstung aus.

Anklage: Begriff «Kristallnacht» mit Bedacht gewählt

Gemäss Staatsanwalt waren dem Beschuldigten die historischen Ereignisse der Kristallnacht von 1938 in Deutschland bekannt. Es war der Übergang von der antisemitischen Diskriminierung zur systematischen Verfolgung und zum späteren Völkermord des nationalsozialistischen Regimes an den Juden.

Der Beschuldigte habe gewusst, dass der Begriff «Kristallnacht» gleichbedeutend für Völkermord schlechthin verwendet und verstanden werde, sagte der Staatsanwalt. Er habe den Begriff mit Bedacht gewählt, um zu provozieren und Aufmerksamkeit zu erlangen.

Mit der öffentlichen Ankündigung einer «möglichen und notwendigen Wiederholung der Kristallnacht von 1938» nunmehr zum Schaden der Muslime habe er den Angehörigen der muslimischen Volksgruppe und der islamischen Glaubensgemeinschaft die Gleichwertigkeit als Menschen abgesprochen und sie «in krass erniedrigender, ausgrenzender Weise auf eine tiefere Stufe gesetzt als andere Menschen».

Zum Ausdruck gebracht habe er aber auch, es habe die Ereignisse von damals schon einmal «gebraucht», um der damaligen Konfliktsituation zu begegnen. Er habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass sein Tweet als Rechtfertigung des Völkermordes an den Juden verstanden werde. Als Strafe beantragte der Staatsanwalt eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 120 Franken sowie «als Denkzettel» eine Busse von 2000 Franken.

Verteidigung: Beweise nicht verwertbar

Nach Ansicht der Verteidigung wurden die fraglichen Twittermeldungen aus dem Zusammenhang gerissen und sinnentstellend wiedergegeben. Die Polizei hatte im Rahmen der Ermittlungen die Tweet-Listen, die auch die gelöschten Nachrichten enthalten, von zwei Firmen beschafft, die Aufzeichnungen solcher Social-Media-Kommunikationen vornehmen.

Sie dürften laut Verteidigung als Beweismittel nicht verwendete werden: Sie seien auf unzulässige Art beschafft worden, nämlich aus dem Ausland (USA und Kanada) und ohne Rechtshilfeverfahren.

Ein Zusatz zum Kristallnacht-Tweet («...damit die Regierung endlich aufwacht») tauche nicht auf, aber dieser hätte laut Verteidiger gezeigt, dass die Kurznachricht «im Sinne einer Warnung» formuliert gewesen sei und nicht als Aufforderung zu einem Verbrechen gelten könne.

Und die übrigen Tweets hätten sich nicht grundsätzlich auf Muslime bezogen, sondern auf jene Männer, die ihre Frauen mit Schlägen zum Sex zwingen wollten.

An der Hauptverhandlung, die aufgrund des grossen Besucherandrangs per Video in einen zweiten Saal übertragen wurde, machte der Beschuldigte keine Aussagen. Laut seinem Verteidiger hatte er im Sommer 2012 «nach einer für die Schweiz beispiellosen Hetze» alles verloren: Politisches Amt, Parteizugehörigkeit und Arbeitsstelle. Heute hat er wieder eine 100-Prozent-Anstellung. (tvr/jas/sda)

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