Die Debatte über sexuelle Belästigung klingt ab. Was haben eigentlich die Männer davon gehalten? Wir haben die Frage Männern jeglichen Alters gestellt, knapp 50 haben geantwortet. Die Reaktionen fallen sehr unterschiedlich aus – wie Männer eben sind.
Auf die Frage, was ihnen als Erstes durch den Kopf ging, als sie von der Diskussion über die sexuelle Belästigung gegenüber Frauen hörten, sagen die einen «Schwachsinn», «immer diese Feministinnen» oder «langweilig». Die anderen, und das ist die Mehrheit: «endlich», «nötig» oder «super».
Immer wieder ist auch zu lesen: «Krass, dass das offenbar noch so oft vorkommt.» Jene Männer, welche die Diskussion nicht von vornherein als hysterisch abgetan haben, waren bei allen Vorbehalten offenbar erstaunt, was Frauen erleben, nur weil sie Frauen sind. Denn das hat die Debatte per se bewirkt: Es wurde darüber geredet und die Frauen erzählten Beispiele, die sie erlebt haben.
Im Detail folgen dann durchaus interessante Kommentare: «Sexistische Sprüche hat jeder schon gehört und besoffen wahrscheinlich auch schon gemacht. Männer sind ein bisschen Schweine. Das ist nichts Neues und manchmal gefällt's den Frauen ja auch.» «Ein kleiner Teil der Debatte betrifft ein echtes Problem. Beim grössten Teil geht es um dumme Sprüche. Die sind dumm, aber nicht mehr.» «Es finden neben tatsächlichem Sexismus auch einfach Kommunikationsprobleme zwischen Frauen und Männern statt (gescheiterte Flirtversuche) oder Begegnungen mit Irren, deren Verhalten man nicht unbedingt der Gesellschaft anhängen kann (z. B. Exhibitionisten im Park).»
«Die Diskussion muss leider von jeder Generation wieder neu geführt werden.» «Die permanenten Anspielungen älterer Männer gegenüber jüngeren Frauen sind unerträglich.» «Ich bin überzeugt, dass Frauen untereinander den gleichen Scheiss von sich geben können.» «Jeder Knigge ist das Ende von Liebe, Lust und Leidenschaft.»
Falls die Frauen sich Sorgen gemacht haben, dass die Männer durch diese Debatte noch ein Stück verwirrter sind darob, was sie als Mann noch dürfen, so trifft das wohl nicht zu. Nur sechs der 46 Männer sagen klar, die Debatte lähme sie im täglichen Umgang mit Frauen. Aber es sensibilisiere, meinen manche. Einer schreibt: «Sie lähmt mich nicht, aber man wird vorsichtig. Wenn man hört, dass es auf persönliche Auslegung ankommen kann, ob ein Übergriff (auch ein wörtlicher) stattgefunden hat, ist man schon geneigt, Frauen komplett neutral und mit viel Distanz zu begegnen.»
Unentschieden fällt das Resultat bei der Frage aus, ob Mann schon mal ein schlechtes Gewissen gehabt habe im Nachhinein, weil man nicht gewusst habe, ob man zu weit gegangen sei. «Ja einmal», schreibt einer, «tut mir jetzt noch leid.» Jemand zählt dazu auch seine sexistischen Sprüche unter Kollegen. Zu rein verbalen Grenzüberschreitungen sagt ein anderer: «Vielleicht gab es mal ein Wortspiel, das sexistisch war, weil der Wortwitz grad so in der Luft lag. Da hab ich dann aber schnell an den müden Schmunzlern gemerkt, dass das fehl am Platz war. Ein schlechtes Gewissen hatte ich deswegen nicht, aber seither achte ich darauf, sexistische Pointen zu unterlassen.»
Eher harmlos fallen die meisten Antworten darauf aus, was denn das Extremste gewesen sei, das sie sich bezüglich sexueller Belästigung geleistet hätten. Nichts, sagten viele. Dann: ungefragt geküsst, starren, die Frau angeschrien, sie betrogen. «Mitten im Sex ungefragt anal penetriert» und «gefesselt» lauten die extremsten beiden Kommentare.
Und die Männer selbst? Fühlen sie sich manchmal umgekehrt von Frauen sexuell belästigt? Etwa ein Viertel antwortete mit «Ja». «Durchaus, insbesondere von einer Vorgesetzten», schrieb einer. Oder: «Als ich Praktikant war, kitzelte mich eine Kollegin vor anderen im Büro. So was geht gar nicht.» Manche relativierten ihr Ja: «In Indonesien hat mich eine Frau in der Disco am Hintern gepackt. Vom Gefühl er habe ich das eher als Kompliment aufgefasst, auch wenn mich die Dame nicht interessiert hat. Mann fühlt sich da halt nicht in der schwächeren Position.» «Ja, gibts auch, aber Mann fühlt sich ja nicht bedroht, höchstens verstört oder gestört. Oder man denkt: Schade, wenn sie jetzt hübsch wäre …»
Nach dieser Debatte mögen sich die Machos nicht weniger machohaft aufführen, aber die verunsicherten Männer sind vielleicht noch etwas scheuer geworden. Aus Frauen-Sicht ist zu hoffen, dass die breite Mitte zumindest wieder mal darüber nachgedacht hat und sich selbst betrunken mal was verkneift. Dann wäre es so wie es einer der Männer schrieb: «Dieser Trump hat doch noch etwas Sinnvolles zustande gebracht.»