Sotschi 2014 wie Russland – mit dem Verstand nicht zu messen

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Unglaubliche Dimensionen

Sotschi 2014 wie Russland – mit dem Verstand nicht zu messen

Sotschi 2014 wird als «Land Utopia» des Wintersportes in Erinnerung bleiben. Der olympische Gigantismus wird weitergehen. Aber Sotschi 2014 ist nicht wiederholbar.
23.02.2014, 15:1723.02.2014, 19:46
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Die Olympischen Spiele von Sotschi 2014 bleiben uns eher wegen ihren Dimensionen als wegen der sportlichen Heldentaten in Erinnerung. Es waren die politisch und wirtschaftlich umstrittensten Winterspiele der Geschichte.

Sie sind letztlich zum Symbol für Russlands neuen Anspruch auf Weltgeltung und Grösse geworden. Sie entsprechen der Kultur eines Landes, über das der berühmte russische Dichter Fjodorow Tjuttschew einst sagte: «Verstehen kann man Russland nicht, und auch nicht messen mit Verstand. Es hat sein eigenes Gesicht. Nur glauben kann man an Russland.»

Das gigantische Feuerwerk an der Eröffnungsfeier.
Das gigantische Feuerwerk an der Eröffnungsfeier.Bild: X90067

Diese Worte lassen sich so – Buchstabe für Buchstabe – auf Sotschi 2014 übertragen. Es waren Spiele, deren Dimensionen wir selbst dann mit dem Verstand nicht richtig messen können, wenn wir Russland bereist haben und glauben, Russland nur ein wenig zu verstehen.

Unbegrenzte staatliche Mittel

Noch nie hatten Olympische Spiele so wenig mit der Lebenswirklichkeit des Gastlandes zu tun. Sotschi ist weiter vom wahren Leben in Russland entfernt als Disneyland von Amerikas Alltag. Dank unbegrenztem Zugriff auf die staatlichen Mittel waren es Spiele mit einer unheimlichen Funktionalität und nur in Russland denkbaren räumlichen Grosszügigkeit.

Spiele mit einer Flexibilität und Unkompliziertheit und Freundlichkeit, die die Menschen in Russland so im Alltag und im Umgang mit den Behörden nicht kennen. Es gab kein Problem, das nicht gelöst werden konnte. Obwohl die Gotteskrieger hinter den Bergen lauerten und die grössten Sicherheitsvorkehrungen der olympischen Geschichte provozierten, waren diese Sicherheitsmassnahmen so diskret wie noch nie in der Neuzeit.

Sotschi 2014: Vier Jahreszeiten in zwei Wochen.Bild: EPA

Einmalig für alle Zeiten bleibt auch der Standort: Die Sonne ging über dem Meer auf und ging im Meer unter, im Hintergrund die Schneeberge und nicht Steinbock und Adler waren die wilden Tiere, die wir sahen, sondern die Delfine im Schwarzen Meer. 

Einmalig bleibt, dass sämtliche Anlagen für Winterspiele neu gebaut worden sind. Nur so sind diese grosszügig konzipierten, funktionellen Arenen überhaupt möglich geworden. Die Zusammenfassung aller Eissportstadien in einem einzigen riesigen olympischen Par, in einem Disneyland des Wintersportes ist ein Weltwunder der Sportinfrastruktur. So etwas hat es noch nie gegeben – und wird es auch nie mehr geben. 

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Komplettes St. Moritz in sieben Jahren erbaut

Ob Sotschi 2014 auch nachhaltig ist, wird erst in fünf bis zehn Jahren sichtbar werden. Es kann gelingen, aus dem Badekurort ein internationales Kongress- und Sportzentrum zu machen. Es gibt im riesigen Russischen Reich sehr wohl ein Bedürfnis für Wintersportorte und die dazugehörigen Anlagen. Die Russen haben nun sozusagen in sieben Jahren ein komplettes St. Moritz gebaut. Aber eines mit Meersicht, Palmen, einem Fussball-Stadion für die WM 2018 und einer Formel 1-Rennstrecke.

Die Arenen des Olympia Parks von Sotschi.
Die Arenen des Olympia Parks von Sotschi.Bild: Reuters

Sotschi 2014 war das «Land Utopia» des Wintersportes. Gigantische, wunderbare Spiele. Die IOC-Funktionäre würden solche Spiele zwar gerne wiederholen. Sie verurteilen heuchlerisch ständig den olympischen Gigantismus, mögen aber nichts lieber als diesen. Erst recht mit dem neuen deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach. Aber sie werden keinen Organisatoren mehr finden, der ihnen noch einmal Sotschi 2014 hinstellt – ausser Russland übernimmt wieder mal die Winterspiele. 

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