Das erwartet der neue SCB-Trainer von seinen Spielern

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Guy Boucher

Das erwartet der neue SCB-Trainer von seinen Spielern

Am ersten Arbeitstag hat sich der neue SCB-Trainer Guy Boucher dem wunderbar milden Wetter in Bern angepasst. Er zeigt nur die sanfte Seite seines Wesens.
28.01.2014, 19:3829.01.2014, 09:35
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SCB-Sportchef Sven Leuenberger holte ihn am Vormittag in Kloten am Flughafen ab. Guy Boucher (42) ist heute direkt aus Florida (Orlando) eingeflogen worden. Das Training musste deshalb von 10.00 Uhr auf 16.00 Uhr verschoben werden. Weil das Eis in der PostFinance Arena am Nachmittag durch die Eiskunstläufer belegt ist, mussten die SCB Helden unter der Leitung ihres neuen Chefs nebenan in der Trainingshalle zum ersten Mal üben. 

Was war anders? Es war fast alles gleich wie sonst auch. Und dass die Spieler auf die Pfiffe ihres neuen Trainers blitzschnell reagieren, ist unter neuer Führung üblich. Mehr noch: Guy Boucher hatte es in der kurzen Ansprache vor dem Training in der Kabine klargemacht, dass er es so wünscht. Captain Martin Plüss: «Er hat uns gesagt, dass er Wert darauf legt, dass auf einen Pfiff sofort reagiert wird.» Und sagt auch noch, man habe auch unter Antti Törmänen intensiv trainiert. Mit Liegestützen und so. 

Starkes Debüt vor den Medien

Das erste SCB-Training unter der Leitung von Guy Boucher dauert gut anderthalb Stunden. Bis 17.30 Uhr. Die Anweisungen des Chefs sind klar und deutlich zu hören – allerdings auch deshalb, weil ja in der kleinen Trainingshalle gearbeitet wird. 

Gleich anschliessend folgt der erste Auftritt vor den Medien. Es ist grosser Auftritt und ein Perfektionist wie Guy Boucher überlässt nichts dem Zufall: Er hat SCB-Medienfeldweibel angewiesen, die Medienkonferenz im Stehen durchzuführen. Der gelernte Psychologe weiss, dass dann alle aufmerksamer zuhören als wenn sie in den Sesseln des Medienraums lümmeln. So steht er da wie ein junger Kadi, umringt von den Rekruten. 

Tempo, Konzentration und Einsatzbereitschaft

Jeder Orkan beginnt mit einem sanften Säuseln. Guy Boucher ist durch und durch ein NHL-General. Er weiss, wie er die Chronisten (Chronistin war keine da) beeindrucken kann und gibt den sanften, verständnisvollen Hockeylehrer. Ein grosser Kommunikator. Er könnte in Ralph Kruegers Schuhen stehen. Jedem einzelnen Berichterstatter drückt er zur Begrüssung die Hand und fixiert ihn mit festem Blick in die Augen. 

Guy Boucher erläutert seine Philosophie. «Speed, Speed, Speed. Ich bin auf Speed fixiert und ich will, dass alles noch schneller geht. Laufen, Passen, die Situation erfassen.» Er erklärt, worauf er achtet: «Hundert Prozent bei der Sache sein.» Er beschwört die Kraft des positiven Denkens. Der positiven Energien. Das Talent fördern, ein Maximum aus den Fähigkeiten jedes Spielers herausholen. «Jeder Tag bietet uns eine Chance, besser zu werden», sagt er beschwörend. 

Tempo, Tempo, Tempo. Bei Guy Boucher kann es nicht schnell genug gehen.
Tempo, Tempo, Tempo. Bei Guy Boucher kann es nicht schnell genug gehen.Bild: KEYSTONE

Keine Revolution

Und dann die grosse Show: Nein, er wolle keine Revolution. Wichtig sei die Fähigkeit, sich anpassen zu können. Der SC Bern sei ein grossartiges Hockeyunternehmen. «Der Erfolg in der Vergangenheit zeigt, dass hier sehr gute Arbeit geleistet worden ist. Ich werde also nicht alle über den Haufen werfen.» Es gehe mehr darum, alles zu optimieren. Die grosse Qualität dieser Mannschaft sei die Ausgeglichenheit über vier Linien, die es auch in der Vergangenheit ermöglicht habe, die Gegner niederzuringen. «Das muss auch wieder so sein.» 

Er kenne die Spieler noch nicht. Aber er hat sich gut informiert und auf dem langen Flug nach Zürich habe er keine Filme geschaut. Sondern sich bereits mit der möglichen Zusammenstellung des Teams fürs Spiel gegen Ambri befasst. In seinem Kopf sei auf dem Flug sozusagen ein Film abgelaufen.  

Liegestützen für den, der nicht richtig mitmacht

Er spricht über Fairness im Umgang mit den Spielern. Er nehme sich Zeit für die Spieler. Stundenlang. Im Gegenzug fordere er aber viel. Und wenn seinen Erwartungen nicht entsprochen wird? «Dann hat es Konsequenzen.» Welche, sagt er nicht. Aber im Training war bereits ersichtlich, dass er sofort durchgreift. Wer eine Übung nicht so umsetzt, wie befohlen, musste gleich auf dem Eis Liegestütz machen.

Guy Boucher vermeidet bei seinen Ausführungen die im Hockey gebräuchlich raue, holzschnittartige, bisweilen harsche Sprache. Es scheint gänzlich undenkbar, dass dieser Mann je «f…» sagen könnte. 

Ein Mann, ein Ziel: Die Playoffs
Ein Mann, ein Ziel: Die PlayoffsBild: KEYSTONE

Leistungsstandards extrem hoch

Dann folgen die Sprüchlein, die alle Nordamerikaner machen, wenn sie irgendwo einen neuen Job übernehmen: Guy Boucher spricht von einer neuen, grossen Herausforderung. Wie gut die neue Stadt für seine Familie sei. Wie grossartig alles sei. So beschreiben Kinder nach dem ersten Besuch daheim das Disneyland. Und natürlich spielt Geld keine Rolle, es geht um die Herausforderung, das Eishockey, um einen neuen Job, der sich so wunderbar mit dem Familienleben vereinbaren lasse.  

Wer Guy Boucher so hört, denkt zuerst, es sei doch unmöglich, dass hier einer steht, der toben kann. Unerbittlich. Intensiv. Fordernd. Konsequent. Nur wer genauer hinhört, auf die Zwischentöne, merkt, dass hier einer spricht, der ganz, ganz hohe Leistungsstandards setzt. In Nebensätzen, die leicht überhört werden können, lässt er in seine Ausführungen einfliessen, wie sehr er Wert auf Konzentration, Entschlossenheit, Kampfbereitschaft und Leidenschaft legt. Jeder könne einen schlechten Tag haben. Aber das sei keine Ausrede um nicht doch hart zu arbeiten. 

Die zwei Gesichter

Er wird gefragt, wie es sein könne, dass einer wie er so sanft reden könne. Er spricht über Gegensätze, die zur menschlichen Natur gehören. Fordernd in der Kabine, sanft beim Auftritt vor den Medien. Und er sagt auch, eine gewisse Rauheit gehöre eben auch zum Eishockey. «Dieses Spiel kommt aus einem Land mit einem rauen Klima und wenn wir eingeschneit werden, dann können wir nicht jammern. Dann müssen wir zur Schneeschaufel greifen.»

Am ersten Arbeitstag von Guy Boucher war in Bern wunderbares, sonniges Wetter. In der Kabine könnte die Temperatur bald auf ein paar Grad unter Null fallen. 

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