199 Tage ist es her, seit sich Wirtschaftspolitikerinnen und -politiker auf eine überraschende Forderung einigen konnten: Mitte Mai, als die erste Welle der Corona-Pandemie wütete, kam die Idee auf, kleinen Läden und Geschäften zu helfen. Diese sollten nur noch einen Teil ihrer Miete bezahlen müssen, falls sie auf behördliche Anordnung schliessen mussten.
Die Schweiz hat seither viel erlebt: Die zweite Welle traf das Gesundheitssystem besonders hart. Täglich werden über 80 Todesfälle gemeldet. Das Wirtschaftsleben wurde zwar nicht erneut lahmgelegt – die finanzielle Misere bei zahlreichen Unternehmerinnen und Unternehmern ist aber geblieben.
Das Geschäftsmietegesetz, das genau diesen KMUs helfen wollte, lässt aber nach wie vor auf sich warten. Heute kommt dieses erneut in den Nationalrat, wo sich die Volksvertreter über die Details streiten werden.
Dieses dürfte am Montagnachmittag zur Zitterpartie werden. Erwartet wird gar, dass das Gesetz komplett scheitert, nachdem es in den vergangenen Wochen zu einem Hick-Hack zwischen Links, Mitte und Rechts kam.
Das ist ungewöhnlich, denn National- und Ständerat hatten genau ein solches Gesetz gefordert. Ende Oktober beschloss die grosse Kammer das «Eintreten», was auf deutsch heisst: «Ja, wir wollen darüber diskutieren.» Die Kommission fordert nun aber für die Debatte heute einzelne Anpassungen und beantragt gleichzeitig widersprüchlich, das ganze Gesetz abzuschiessen. Eine bürgerliche Mehrheit in der Kommission will die 40-60-Prozent-Lösung gar so ändern, dass nur noch bestimmte Härtefälle erfasst werden.
Die Prognose für heute? Es dürfte eine chaotische und emotionale Diskussion werden. Zu einzelnen Punkten gibt es bis zu sechs unterschiedliche Anträge, die die Debatte bis tief in den Abend verlängern könnten. Die Diskussion wird offiziell um 15 Uhr beginnen – bis dahin sind noch Überraschungsanträge möglich.
Es geht um die Frage, ob ein Unternehmer oder eine Unternehmerin die gesamte Miete für das Geschäftslokal schulden muss, wenn es wegen einer behördlichen Anordnung schliessen musste. Während der Corona-Pandemie waren zahlreiche Firmen wie Coiffeursalons, Restaurants und Bars betroffen.
Ihnen könnte eigentlich das bestehende Recht helfen. Dort ist nämlich geregelt, was bei «Mängeln an der Mietsache» passiert. Unklar ist jedoch, ob eine behördliche Schliessung aufgrund einer Pandemie auch als ein solcher «Mangel» gezählt wird. Dies müssten Gerichte im Einzelfall klären.
Linke, Grüne und einzelne Bürgerliche wollten mit dem vorliegenden Geschäftsmietegesetz eine Prozesslawine verhindern. Sie brachten im Sommer Vorstösse durch, mit dem der Bundesrat beauftragt wurde, ein solches Gesetz auszuformulieren. Dies dauerte aber länger, als es die linken Wirtschaftspolitikerinnen und -politiker sich erhofft hatten.
Bundesrat und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) soll mitverantwortlich gewesen sein, dass auch nach sechs Monaten noch keine fertige Lösung gibt.
Dieser Vorwurf ist nicht ganz unbegründet, wie eine Recherche des «Blick» zeigt. Die Zeitung erhielt gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Dokumente, die die bundesinterne Diskussion zu den Geschäftsmieten protokollieren. Im April drückten Parmelins Beamte beim Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) aufs Gaspedal, erarbeiteten verschiedene Optionen und verschickten «EILT»-Mails, um den KMUs eine Lösung zu bieten. Darin war gemäss «Blick»-Bericht auch der Vorschlag, der Bundesrat solle eine Mietzinssenkung per Notrecht verordnen (Option 3).
Parmelins Departement wollte davon aber nichts wissen: «Wenn der Bundesrat eine Mietzinssenkung verordnet, übernimmt er gewissermassen eine richterliche Rolle», zitiert der Zeitungsartikel ein internes Arbeitspapier. «Dies ist staatsrechtlich nicht zu vertreten.» Die Forderung seines Generalsekretärs an die Adresse der Arbeitsgruppe: Diese Option solle man im Beschlussdispositiv zuhanden des Bundesrates «gar nicht erwähnen». watson liegen diese Dokumente vor.
So kam es, dass sich der Bundesrat bei den Geschäftsmieten für die mildeste Option im Frühling entschied: Es gab einen Appell, dass sich Mieterinnen und Vermieter «auf einvernehmliche Lösungen (Stundungen, Mietzinssenkungen etc.)» verständigen sollten.
aber die angeordnete schliessung der geschäfte ist dann "kein massiver eingriff in private verträge"?
nun, ich kenne mich nicht aus, bin kein spezialist und weiss die richtige lösung nicht.
aber das eine gegen das andere auspielen und mit gespaltener zunge reden, das ist eine typische eigenschaft der svp...