Es ist passiert: Ich habe jemanden kennengelernt! Nicht so für eine Nacht. Sondern richtig. Mit «richtig» meine ich: Er ist richtig toll. (Glaube ich zumindest.)
Letzte Woche am Freitag spaziere ich mit Bella durch Genf. Bella interessiert sich nie für andere Hunde. Diesmal schon. Sie bellt und zieht an der Leine. Ein Riesenhund steht vor uns! Am anderen Ende seiner Leine: ein Typ, etwa so 40, Zigarette im Mund, Sonnenbrille, lange Haare, krass attraktiv. Ein Ami. Aus Texas. Er sei einen Monat hier, erzählt er. Wohne in einem winzigen Studio gleich beim See. «Mit dem Riesenhund?», frage ich. Der Hund sei seinem Bruder. Der wohne in München, sei aber gerade bei ihm zu Besuch. Sei schon eng so zu dritt, aber sei ja nur für kurze Zeit. Wir unterhalten uns. Ich erfahre, dass er Fotograf ist. Und dass er froh ist, gerade in der Schweiz zu sein.
Der Typ gefällt mir. Obwohl ich skeptisch bin. Ich bin immer skeptisch bei sehr attraktiven Männern. Das Problem ist: Ich mache mir Sorgen wegen des möglicherweise und bei Interesse ja hoffentlich bevorstehenden Sexes. Denn meine Erfahrung ist: Schöne Männer, also überdurchschnittlich schöne Männer, sind schlechte Liebhaber. Die Faustregel ist: je besser das Aussehen, desto mieser der Sex. Zuerst dachte ich wie alle – diese Aussage ist ja bekannt –, es ist, weil die Männer sich nicht anstrengen müssen, eine Frau ins Bett zu kriegen. Aber das stimmt nicht. Also, doch, stimmt schon. Sie müssen weniger mit Witz und Charme überzeugen, ihr Aussehen überdeckt fehlenden Humor oder mangelnden Intellekt. Aber das macht sie ja nicht per se zu schlechten Liebhabern.
Nein, das Problem ist: Schöne Männer strengen sich zu sehr an! Sie haben Sex, als müssten sie einen Wettkampf gewinnen. Als gäbe es Punkte zu holen. Sie wechseln nonstop die Stellung. Machen Dirty-Talk und Minnegesang gleichzeitig. Und dazwischen auch noch eine Akrobatik-Nummer. Und das, das ist nicht sau-geil, das ist sau-anstrengend.
Meine Überlegung, warum das so ist, aber ich lasse mich gerne von anderen Theorien überzeugen: Schöne Männer sind sich gewohnt, zu gefallen, und deshalb haben sie ein immenses Bedürfnis, zu gefallen. Immer und überall. Beim Sex ist das too much. Man will ja geniessen. Keine Punkte vergeben müssen. Meine Neugier ist aber grösser als meine Skepsis und als er fragt, ob er mich zu einem Drink einladen darf, sage ich sofort Ja.
Vier Stunden später treffen wir uns, wo wir uns verabschiedet haben. Wir haben keine Nummern getauscht. Nur gesagt: Um 20 Uhr wieder hier. (So romantic, isn’t it?)
Nach zwei Bier bin ich sicher, dass er die Ausnahme der Regel ist und der Sex fantastisch wäre. Nach drei Bier will ich die Ausnahme der Regel bestätigt haben. Aber das geht nicht. Weil ich gerade bei einer Freundin auf der Couch schlafe – habe mein Studio untervermietet – und er ja Bruder und Riesenhund bei sich hat. Und jetzt zusammen in ein Hotel gehen… nö, das wäre dann wohl etwas übertrieben.
Auf dem Nachhauseweg beginnt es, zu regnen. Er versucht, seine Jacke über meinen Kopf zu halten, aber das nützt nicht viel. Es muss am Bier liegen: Er fängt an zu tanzen. Hüpft im Kreis und um eine Strassenlaterne. Ich und die drei Bier in meinem Kopf tanzen mit. Irgendwann geht er auf die Knie:
«Will you be my Swiss wife? Für die Zeit, die ich hier bin?»
Ich muss lachen. Mir gefällt sein Enthusiasmus. Seine Euphorie. Und vermutlich macht man das in Texas so. So… übertreiben. «Klar! Ein-Monat-Ehe! Deal!»
Er begleitet mich bis vor die Haustür. Wir verabreden uns für den nächsten Tag. Gleiche Zeit. Gleicher Ort. Wir tauschen wieder keine Nummern – Romantik und so – und ich habe das Gefühl, in einem Woody-Allen-Film gelandet zu sein.
Kiss und Klits für euch,
Cleo
Jeder Mensch ist anders und denkt anders, es gibt keine Norm, das verwirrt die Menschen nur und sie machen sich unnötige Gedanken. Sie finden sich selber nicht, weil sie ins Schema passen möchten, aber das ist falsch...
Aber das ist alles nicht match-entscheidend.
Was den Frauen an mir gefällt ist, dass ich trotz allem so bescheiden geblieben bin.