Schweiz
Wirtschaft

Lockdown und jetzt auch noch Schnee: Die Pöstler sind im Dauerstress

Erneuter Lockdown und jetzt auch noch Schnee: Die Pöstler sind im Dauerstress

Wegen der aussergewöhnlich hohen Bestellmengen durch die Pandemie läuft die Post seit Monaten am Anschlag. Weil wieder viele Läden geschlossen werden, rückt die ersehnte Erholung weiter weg.
16.01.2021, 07:38
Sarah Kunz / ch media
Mehr «Schweiz»
Die Post wird auch bei starkem Schneefall ausgeliefert in Golino, am Freitag, 4. Dezember 2020. Das Tessin ist am Freitagmorgen unter einer Schneedecke aufgewacht. Es galt Gefahrenstufe vier von f
Die Post verarbeitet derzeit so viele Pakete wie noch nie zuvor. Mit den erneuten Ladenschliessungen wird die Bestellmenge nicht abnehmen.Bild: keystone

Im Februar des vergangenen Jahres nahm die Coronapandemie ihre Anfänge. Das ist nun beinahe ein ganzes Jahr her. Im März wurde der Schweiz ein erster Lockdown auferlegt: Die Mobilität wurde eingeschränkt, Läden wurden geschlossen, Schweizerinnen und Schweizer mussten ihre Ware online bestellen. Das trieb die Paketmengen explosionsartig in die Höhe.

Die Post wurde von der schieren Menge an Paketen so überrascht, dass sie im Frühjahr kurz vor dem Kollaps stand. Im Sommer sank das Volumen dann ein wenig, nahm im Spätherbst mit den wieder ansteigenden Fallzahlen, den erneuten Einschränkungen und dem Weihnachtsgeschäft aber noch einmal stark zu. Nach Weihnachten, im neuen Jahr, sollte dann endlich die lang ersehnte Erholung folgen. Doch diese rückt nun mit dem Entscheid des Bundesrates vom Mittwoch wieder in weite Ferne.

Denn die Läden werden ab Montag erneut geschlossen. So schnell finden die Bestellmengen also nicht zurück auf ein normales Niveau, so schnell nimmt der Dauerstress kein Ende. Trotzdem ist die Situation jetzt nicht ganz so angespannt wie im ersten Lockdown. «Wir haben in den vergangenen Monaten viele Erfahrungen gemacht, von denen wir profitieren können», sagt ein Sprecher der Post auf Anfrage.

Ausserdem seien nicht ganz so viele Läden von den jetzigen Einschränkungen betroffen wie im ersten Lockdown. So dürfen etwa Bau- und Gartenfachläden oder Blumencenter geöffnet bleiben. «Aktuell sehen wir noch keine signifikante Veränderung», sagt der Post-Sprecher. «Wir gehen aber davon aus, dass die Menge wieder ansteigt.»

Vor allem im Februar dürften die Bestellmengen wieder zulegen. Das befürchtet zumindest Patrick Kessler, Präsident des Schweizerischen Handelsverbands. Denn je länger der Lockdown dauere, desto eher könnten Bürgerinnen und Bürger nicht mehr auf Güter des nicht-täglichen Bedarfs verzichten.

Heftiger Schneefall in der Schweiz

1 / 34
Heftiger Schneefall in der Schweiz
Gefahr wegen herunterfallenden Ästen: Teile eines Parks werden in Zürich abgesperrt.
quelle: keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen

«Je länger die Läden geschlossen bleiben, desto eher wird eine neue Jacke wieder zum dringenden Bedarf», sagt Kessler. «Dauert der Lockdown mehrere Wochen, könnten die Mengen wieder so hoch steigen, dass die Kapazitätsgrenzen in der Verteilung erneut touchiert werden.» Laut Kessler muss die Post nun wieder zusätzliche Kapazitäten einplanen.

Temporäre Verträge werden verlängert

Und das tut sie: Um dem befürchteten Anstieg auch in den nächsten paar Wochen - der Lockdown wurde vorerst bis Ende Februar verhängt - gerecht zu werden, führt die Post die Massnahmen fort, die sie bereits vor Weihnachten angesichts des hohen Bestellaufkommens getroffen hat. Zu dieser Zeit wurden unter anderem temporäre Mitarbeitende angestellt, zusätzliche Botengänge geplant und Lieferwagen dazugemietet.

Laut des Post-Sprechers haben sich diese Massnahmen ausgezahlt: «Wir konnten die Sortierkapazität um rund 300'000 Pakete pro Tag erhöhen und so eine gute Pünktlichkeit sicherstellen.» Und das auch wenn im Dezember beinahe täglich über eine Million Pakete verarbeitet wurden, was eine Zunahme von 26 Prozent gegenüber des Vorjahres zur Folge hatte. Aktuell werden gemäss des Sprechers zwischen 700'000 und 950'000 Pakete pro Tag verarbeitet.

Statt die Verträge mit Temporärmitarbeitenden wie geplant auslaufen zu lassen, wurden sie folglich teilweise verlängert. Auch in den kommenden Wochen werde die Post also mit erhöhten Ressourcen arbeiten, um die erwartete Zunahme bei den Bestellungen pünktlich verarbeiten zu können.

«Wir gehen aktuell davon aus, das Leistungsangebot in der Schweiz auch während der Ladenschliessungen einhalten zu können», sagt der Sprecher. Derzeit käme es nur vereinzelt zu Verspätungen. Die seien aber witterungsbedingt durch den starken Schneefall.

Gewerkschaft fordert mehr Festangestellte

Für die Gewerkschaft Syndicom geht die Post mit den verlängerten Temporärverträgen aber den falschen Weg. «In der heutigen Ausgangslage müsste die Post mehr unbefristete Stellen schaffen», sagt ein Sprecher.

Die Coronakrise habe eine substanzielle Veränderung gebracht, die Paketmengen werden gemäss der Syndicom nicht wieder auf das Niveau von vor der Pandemie sinken. Die Post müsse deshalb das festangestellte Personal aufstocken.

«Bislang konnten sich Logistik-Angestellte jeweils nach dem Weihnachtsgeschäft im Frühjahr erholen. In diesem Jahr ist das anders», sagt der Syndicom-Sprecher. «Es fehlt der Lichtblick, es ist keine Besserung in Sicht.»

Dieser Dauerstress ziehe auch körperliche und psychische Folgen nach sich. Die Gewerkschaft fordert nun Lohnerhöhungen. Wie der Sprecher mitteilt, befindet sich die Syndicom derzeit in Lohnverhandlungen mit der Post.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Hier kommen 16 schräge Onlineshopping-Fails
1 / 18
Hier kommen 16 schräge Onlineshopping-Fails
bild: reddit

Auf Facebook teilenAuf X teilen
Deine Onlinebestellung ist nicht die einzige – So sieht es im grössten Paketzentrum aus
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
15 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
NiickName
16.01.2021 08:07registriert Mai 2016
Ich schätze die Arbeit der Pöstler sehr und finde es schade, dass sie einem solchen Druck ausgesetzt sind.
Wir sollten von dem Anspruch wegkommen, die Pakete unter allen Umständen so schnell wie möglich zu bekommen. Hier einen Gang runterzuschalten würde den Pöstlern die Arbeit erleichtern. Ein-zwei Tage länger zi warten macht jetzt nicht wirklich einen signifikanten Unterschied. Wer trotzdem Express-Lieferungen braucht soll dafür bezahlen.
5422
Melden
Zum Kommentar
15
Samsung stösst Apple wieder vom Smartphone-Thron
Samsung hat sich im vergangenen Quartal nach Berechnungen von Marktforschern den Spitzenplatz im Smartphone-Markt von Apple zurückgeholt. Vom südkoreanischen Konzern kamen knapp 21 Prozent der weltweit verkauften Geräte.

Das berichtete die Analysefirma IDC in der Nacht zum Montag. Apples iPhone lag demnach bei 17,3 Prozent Marktanteil. Den stärksten Schub verzeichnete der vor allem in Afrika aktive chinesische Anbieter Transsion, der mit einem Absatzplus von rund 85 Prozent etwa jedes zehnte Smartphone weltweit verkaufte und auf Rang vier sprang.

Zur Story