Der Wahlkampf in den USA ist in vollem Gange. Donald Trump tourt durchs Land und hält Wahlkampfveranstaltungen ab, als ob es das Coronavirus nie gegeben hätte. Auch Joe Biden hat sich aus seinem «Bunker» begeben und tritt regelmässig in der Öffentlichkeit auf.
Egal, wie das Rennen ausgeht, spätestens 2024 ist die Trump-Präsidentschaft zu Ende. Oder doch nicht? Nicht, wenn es nach dem US-Präsidenten geht. In den vergangenen Tagen und Wochen hat Trump mehrere Male den Willen geäussert, dass er über 2024 hinaus im Weissen Haus bleiben möchte.
Glaubst du nicht? Voilà.
Trump am 17. August in Oshkosh, Wisconsin:
TRUMP: "We are going to win four more years. And then after that we'll go for another four years, because they spied on my campaign. We should get a redo of four years." pic.twitter.com/lBxbJZiv2M
— Aaron Rupar (@atrupar) August 17, 2020
Trump am 18. August in Yuma, Arizona.
The first words out of Trump's mouth in Yuma, Arizona tease that he wants to shred the Constitution and serve at least 3 terms: "Considering we caught President Obama and sleepy Joe Biden spying on our campaign -- treason -- we'll probably be entitled to another four more years." pic.twitter.com/PP9nKAvSh6
— Aaron Rupar (@atrupar) August 18, 2020
Trump am vergangenen Sonntag in Minden, Nevada.
"We're gonna win four more years in the White House, and then we'll negotiate, because based on the way we were treated, we're probably entitled to another four years after that" -- Trump, slurring, began his rally in Nevada by teasing that he intends to serve more than two terms pic.twitter.com/dgPjimP7Rv
— Aaron Rupar (@atrupar) September 13, 2020
Wenn seine Anhänger «four more years», «vier weitere Jahre», skandieren, legt der Präsident einen oben drauf: «Und nach dem noch einmal vier Jahre.» Die Trump-Fans quittieren diese Aussage jeweils mit tosendem Applaus.
Der 74-Jährige begründet seine Ansprüche auf eine dritte Amtszeit mit der Theorie, dass die frühere Administration ihre Macht missbraucht habe. Biden und Obama hätten das FBI dazu aufgefordert, seinen Wahlkampf auszuspionieren. Das sei «Hochverrat», behauptet Trump, er sei nicht fair behandelt worden, deshalb stünde ihm eine zusätzliche Amtszeit zu. Beweise für Trumps Theorie gibt es indes nicht.
Wie sind die Aussagen Trumps einzuschätzen? Man dürfe sie keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen – meint einer, der den Präsidenten so gut kennt wie kaum ein zweiter. Die Rede ist von Michael Cohen, welcher jahrelang als Trumps Anwalt fungierte und lange Zeit als dessen rechte Hand galt. So beauftragte Trump Cohen etwa damit, Schweigegeld an Pornodarstellerin Stormy Daniels zu bezahlen, damit diese nichts über die aussereheliche Affäre erzählte.
2018 wurde Cohen rechtskräftig verurteilt, seither befindet er sich auf einem persönlichen Rachefeldzug gegen den Präsidenten. So hat der tief gefallene Anwalt ein Buch geschrieben, in dem er den Präsidenten schwer belastet.
Die Anschuldigungen Cohens sind deshalb mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen. Die Aussagen, welche er kürzlich gegenüber CNN gemacht hat, lassen dennoch aufhorchen.
«Trump macht keinen Witz», so Cohen. Wenn er sage, er wolle zwölf Jahre im Weissen Haus bleiben, dann meine er das auch so. «Er hat keinen Sinn für Humor.» Trump glaube, dass er der Diktator der USA sein sollte. «Wenn er die Wahlen gewinnt, wird er am ersten Tag danach darüber nachdenken, wie er die Verfassung für eine dritte und dann eine vierte Amtszeit verändern kann.»
Darum bewundere Trump die «Kim Jong Uns dieser Welt». Man dürfe auch nicht auf internen Widerstand hoffen. Niemand in Trumps Team wage es, ihm zu widersprechen. Es sei wie ein Kult. «Wehe, du sagst oder tust etwas Falsches, du wirst gleich gefeuert.»
“Not only is the Trump organization like a cult, but so is the White House. Anybody that wants to work there, God forbid you say something wrong, God forbid you do something wrong, you’re fired.” - Michael Cohen, Pres. Trump’s former attorney and author of “Disloyal: A Memoir.” pic.twitter.com/qE9rf3LGoB
— CNN (@CNN) September 10, 2020
Auch wenn Trump von vielen weiteren Jahren im Weissen Haus träumt, die Verfassung der Vereinigten Staaten untersagt dies. Im 22. Zusatzartikel, welcher 1951 nach der vierten Amtszeit von Franklin D. Roosevelt ratifiziert wurde, steht: «Niemand darf mehr als zweimal zum Präsidenten gewählt werden.»
Die Hürden, um dies zu ändern, sind sehr hoch. Trump bräuchte sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Oder es müsste ein Verfassungskonvent einberufen werden, wo zwei Drittel der Staaten die Zustimmung für die Verfassungsänderung geben müssten.
Kurz: So spinnefeind sich die Demokraten und Republikaner derzeit sind, werden sich solche Mehrheiten nicht ergeben.
Und dennoch: Trump hat in seiner ersten Amtszeit aus seiner Bewunderung für autokratische Herrscher keinen Hehl gemacht. Aus dem Weissen Haus gab es laufend lobende Worte für Putin, Erdogan, Kim Jong Un und Co. Demokratisch gewählten Staatsoberhäuptern wie Angela Merkel oder Justin Trudeau begegnete Trump hingegen mit ziemlich offensichtlicher Feindseligkeit.
In den vergangenen vier Jahren haben sich die USA immer mehr in Richtung Bananenrepublik gewandelt. Die Gewaltenteilung steht auf wackligen Beinen. Trump begnadigte verurteilte Straftäter, installierte einen willfährigen Justizminister und attackierte pausenlos die Medien. Höhlt der Präsident die Verfassung in den kommenden vier Jahren mit dem gleichen Tempo wie bis anhin aus, ist auch nicht restlos auszuschliessen, dass Donald Trump bis 2028 im Oval Office bleibt.
Falls das dennoch nicht klappen sollte, liebäugeln die Trump-Anhänger bereits mit einer Kandidatur von Ivanka Trump oder von Donald Trump Jr.
Doch zunächst haben die amerikanischen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 3. November die Wahl, ob Donald Trump überhaupt eine zweite Amtszeit erhalten soll. Die Umfragewerte sagen derzeit immer noch einen Sieg von Joe Biden voraus.