Als die 17-jährige Darnella Frazier am 25. Mai 2020 an einer Strassenecke in Minneapolis den Record-Knopf ihres Smartphones drückte, war sie sich den Folgen in keiner Weise bewusst. Sie wollte einzig festhalten, wie ein weisser Polizist einen schwarzen, gefesselten Mann zu Tode würgte. Ohnmächtig, etwas daran ändern zu können, wollte sie wenigstens den Vorfall dokumentieren und öffentlich machen.
Das beinahe 10-minütige Video ging bald viral. In Abwandlung einer bekannten Journalisten-Weisheit kann man in diesem Fall sagen: «Ein Video sagt mehr als tausend Worte.» Die kaltblütige Tat, die arrogante Fratze des Mörders – was hätte den nach wie vor grassierenden «systemischen Rassismus» in den USA besser illustrieren können?
Nun ist der Prozess gegen den Mörder zu Ende und das Urteil gefällt. Der Polizist Derek Chauvin wurde in allen Anklagepunkten – Mord zweiten Grades und Totschlag – für schuldig befunden und muss wahrscheinlich für eine sehr lange Zeit hinter Gitter.
Das bedeutet mehr als dass die Familie von George Floyd Gerechtigkeit für den scheusslichen Mord an ihrem Angehörigen erhalten hat. Der Schuldspruch wird möglicherweise weitreichende Folgen für die amerikanische Gesellschaft haben. Nicht zufällig hat die Nation mit angehaltenem Atem auf dieses Urteil gewartet.
Die erste Reaktion ist denn auch ein kollektives Aufatmen. Das liberale Lager jubiliert. Eugene Robinson, schwarzer Kolumnist bei der «Washington Post», schreibt: «Chauvins Verurteilung ist eine gewaltige Erleichterung – und, hoffentlich, ein Neuanfang.»
Rashad Robinson, Präsident der Bewegung Color of Change, erklärt in der «New York Times»: «Wir werden ewig auf diesen Moment in der amerikanischen Geschichte zurückblicken. George Floyds Tod hat neue Energie für den Wandel erzeugt.»
Derrick Johnson, Präsident der schwarzen Bürgerrechts-Organisation N.A.A.C.P, spricht gar von einem «Selma-Moment». Was meint er damit?
Selma ist eine Ortschaft im Bundesstaat Alabama. Am 15. September 1965 begann dort ein von Martin Luther King angeführter Protestzug in die Hauptstadt Montgomery. Beim Überqueren einer Brücke wurde dieser Protestmarsch von weissen Polizisten brutal niedergeknüppelt.
Selma wurde ein Symbol für die Bürgerrechtsbewegung in den 60-er Jahren. Diese gipfelte im Civil Rights Act, einem Gesetz, dass der De-facto-Apartheid in den USA ein Ende setzte und den Schwarzen ihre Bürgerrechte zurückgab.
Das Urteil gegen den Mörder von George Floyd fällt in eine Zeit, in der die Stimmung in den USA wieder einmal explosiv geworden ist. Das hat verschiedene Gründe:
Es ist offensichtlich geworden: Die USA brauchen eine Rundum-Erneuerung. Die Republikaner stemmen sich jedoch gegen jede Art von Reformen und verteidigen mit aller Macht die Privilegien der Weissen. Obskure Gesetze wie der Filibuster im Senat und überholte Wahlgesetze wie das Gerrymandering und das Electoral College helfen ihnen dabei.
Doch die Mauer der Republikaner beginnt zu bröckeln.
Der Schuldspruch gegen den Polizisten Chauvin ist daher mehr als überfällige Gerechtigkeit. Wie einst die brutale Polizeiaktion in Selma könnte er das Signal zu einem Aufbruch für längst überfällige Reformen der amerikanischen Gesellschaft werden. Darauf weist auch Vize-Präsidentin Kamala Harris hin:
Da fehlt am Schluss noch ein Wort: "Oberschicht".
Die ganze Woke Bewegung tut so, als wäre ein Schwarzer, egal in welche Situation er hinein geboren wurde, gegenüber einem Weissen benachteiligt. Dies stimmt vielleicht für gewisse Aspekte wie z.B. dem Justiz-System, im Allgemeinen gibt es weit zuverlässigere Indikatoren für den Erfolg eines Menschen. Nicht zuletzt müssen Afroamerikaner da auch tief in sich gehen und nach Gründen suchen, weshalb z.B. afrikanische Einwanderer deutlich erfolgreicher sind.
murder =\= Mord
Sehr wichtiger Unterschied, echt!
Diese ständige Undifferenziertheit macht den Juristen in mir ganz verrückt!