Individuelle Erwägungen zu Kosten und Nutzen sowie Pragmatismus waren für die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an der letzten Abstimmung vom 7. März wichtiger als Parteiparolen. Das zeigen Auswertungen der VOX-Analyse.
Eine knappe Mehrheit der Stimmenden votierte für das Verhüllungsverbot aus kulturellen Überlegungen und für die innere Sicherheit. Ein wichtiger Faktor für dieses Ja war, dass die Darstellung von Niqab und Burka als potenziell frauenfeindlich betrachtet wurde.
Dabei waren diese Argumente für viele wichtiger als die Abstimmungsempfehlungen der Parteien. Bei der FDP und der Mitte wurde entgegen der Parteiparole mehrheitlich Ja gestimmt. Im Umfeld der GLP stimmte mehr als ein Drittel der Stimmberechtigten für das Verhüllungsverbot und selbst bei der SP stimmten rund ein Viertel Ja.
Dies belegen die am Freitag veröffentlichten Resultate der Befragung von 3070 Stimmberechtigten der Vox-Analyse. Die Studie wurde von gfs.bern durchgeführt und von der Bundeskanzlei finanziert.
Weiter zeigt die Analyse einen Generationen- und Geschlechtergraben bei der Abstimmung über das Verhüllungsverbot. Männer stimmten eher Ja, Frauen Nein. Über 50-Jährige stimmten Ja, Jüngere Nein.
Bei der Abstimmung über das E-ID-Gesetz stimmte eine deutliche Mehrheit aus Sicherheitsbedenken beim Datenschutz dagegen. Der Ja-Seite ist es laut Vox-Analyse nicht gelungen, Vertrauen in die private Lösung aufzubauen.
Gewünscht war vielmehr eine staatliche Lösung, die über die Kontrolle hinausgeht. Dieses Argument hat 68 Prozent der Stimmenden überzeugt. Die grösste Unterstützung erhielt das Gesetz von Seite FDP und Mitte, die je zu zirka 50 Prozent für das Gesetz stimmten.
Sowohl beim Verhüllungsverbot als auch beim E-ID-Gesetz votierten die Stimmberechtigten gegen die Empfehlung von Bundesrat und Parlament. Einzig bei der Abstimmung zum Freihandelsabkommen mit Indonesien war das Volk auf Behördenlinie.
Bei der Abstimmung über das Freihandelsabkommen haben die Stimmberechtigten vor allem zwischen dem wirtschaftlichen Potenzial und dem Schutz der Umwelt abgewogen. Die pragmatische Sicht auf wirtschaftliche Vorteile des Freihandels hat sich laut Vox-Analyse schliesslich knapp durchgesetzt. Sympathisierende von Mitte bis rechts haben grösstenteils für die Vorlage gestimmt, Sympathisierende linker Parteien dagegen.
Im Vergleich zu den beiden anderen Abstimmungen seit Ausbruch der Corona-Pandemie im September und November 2020 haben wieder mehr rechts positionierte Stimmberechtigte und ältere Männer an der Abstimmung teilgenommen. Gründe dafür gibt die Vox-Analyse keine an.
Generell war die Stimmbeteiligung am 7. März leicht überdurchschnittlich. Dafür gesorgt hat laut Vox-Analyse die Kombination aus drei als nicht sehr relevant beurteilten Vorlagen und eine relativ moderat geführte Kampagne. (sda)
Ich wähle was ich für richtig enpfinde. Egal welche Partei wofür ist...
Oft wird beim Diskurs aber beansprucht, dass wer x stimmt, gute Motive habe und wer y stimmt, schlechte.
In diesem Falle frage ich mich, ob die Beanspruchung "des Guten", zu einem Druck führt und sich manche nicht zu äussern getrauen. Dass bei der SP 1/4 dafür war, schien bei Abstimmungskampf nämlich nicht so rüber zu kommen.
Ich frage mich, ob zu viel nach dem Ja/Nein statt nach der Art der Begründung geurteilt wird.