Die Corona-Pandemie stellte das Leben der meisten Menschen ziemlich auf den Kopf. Arbeit, Schule, Sport, Freizeit – was vorher selbstverständlich war, durfte nur noch eingeschränkt durchgeführt werden oder musste zeitweise gar ganz gestrichen werden. Trotz der Einschränkungen erkrankten viele am Virus oder verloren gar einen Angehörigen daran.
Zu spüren bekam man das Virus auch psychisch. Unter den Massnahmen und den damit einhergehenden Unannehmlichkeiten und Unsicherheiten litten viele Menschen – teilweise so stark, dass sie auf psychologische Unterstützung angewiesen waren. Die Universität Basel stellte fest, dass der Anteil Personen mit schweren depressiven Symptomen während des Lockdowns im April 2020 rund 9 Prozent betrug und im November auf 18 Prozent anstieg.
Um mehr über die Gefühlslage der Menschen während der Pandemie herauszufinden, führte watson mit dem Politgeographen Michael Hermann von der Forschungsstelle Sotomo eine Studie durch. Zwischen Februar und Mai 2021 wurde der watson-Userschaft einmal pro Woche eine einfache Frage gestellt: «Wie geht's dir?» 33'713 Personen haben geantwortet.
Die Resultate zeigen, dass es Ende Mai drei Viertel der Befragten gut bis hervorragend ging. Dieser Wert lag Ende Februar noch bei zwei Drittel. Anfang März und Mitte Mai erfuhr die positive Entwicklung der Stimmung jeweils einen leichten Knick. «Die wichtigste Erkenntnis aus der Umfrage ist, dass sobald ein Ende der Krise absehbar war und das Wetter freundlicher wurde, ein massiver Stimmungswandel in der Bevölkerung damit einherging», fasst Hermann zusammen.
Die Ungewissheit über den Ausgang der Krise sei Anfang Februar sehr weit verbreitet gewesen und habe Ende Mai deutlich abgenommen. In den visualisierten Ergebnissen besonders gut sichtbar ist die Wirkung des Wetters Mitte Mai, als der Frühling auf sich warten liess. Auf die Stimmung vieler hatte dies einen negativen Effekt.
Zwischen den Geschlechtern habe es teilweise grosse Unterschiede gegeben, so Hermann. «Frauen machte die Ungewissheit in der Krise mehr zu schaffen als Männern.» Sie hätten sich auch weniger unbeschwert gefühlt. Auch die Sorge über eine mögliche Covid-19-Erkrankung sei bei Frauen höher gewesen.
Besser ging es den Befragten, als ein Licht am Ende des Pandemie-Tunnes sichtbar wurde. «Dass die Zahlen nicht hochschnellten, obwohl gelockert wurde, dass man Aussicht auf eine Impfung hat, all das gab den Menschen wieder mehr Sicherheit, insbesondere Planungssicherheit. Sie fühlten sich wieder wohler», bilanziert Hermann.
Einen grossen Unterschied sah man allerdings bei Personen, die bereits vor der Pandemie unter psychischem Stress litten. Sie erholten sich auch mit dem kommenden Frühling und den gelockerten Massnahmen weniger schnell. Auch solche die von der Krise besonders betroffen waren, konnten nicht einfach zurück in die Normalität.
Das längerfristige Ziel der Umfrage ist eine Enttabuisierung des Themas psychische Gesundheit. Die Pandemie habe eine gute Gelegenheit dargestellt, diese Diskussion verstärkt in den Fokus zu rücken. Doch jetzt, wo alles wieder normal werde, bestehe die Gefahr, dass man es wieder vermehrt für sich behalte, wenn es einem schlecht geht, befürchtet Hermann. «Dabei weiss man, dass nur schon das Verbalisieren von Sorgen ein erster Schritt in die Besserung darstellt.» Die ernstgemeinte Frage «Wie geht's dir?» könne ein wichtiger Türöffner sein, damit sich die Menschen auch in schwierigen Lebenslagen trauen, über ihre Situation zu sprechen, schreiben die Studienautoren.
Durchgeführt wurde die Umfrage im Auftrag Pro Mente Sana, den Deutschschweizer Kantonen und der Gesundheitsförderung Schweiz. Mit der «Wie geht’s dir?»-Kampagne wolle man die Bevölkerung dafür sensibilisieren, dass es für die psychische Gesundheit wichtig ist, über die eigenen Gefühle sprechen zu können und Hilfe zu holen.
Hoffe, es hat auch anderen geholfen.