Normalerweise kommt an den Bundesratspressekonferenzen Gesundheitsminister Alain Berset (SP) die meiste Aufmerksamkeit zuteil. Doch am Mittwoch stahl ihm ein anderer die Show. Der Zürcher Regierungsrat Ernst Stocker (SVP) schien verärgert. Als Präsident der Finanzdirektorenkonferenz sollte er über die Umsetzung der Härtefall-Regelung referieren, deren Lockerung Bundesrat Ueli Maurer (SVP) soeben kommuniziert hatte. Doch irgendwie schien Stocker etwas unleidig.
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Man bekomme viel Kritik zu hören, «aber wir sind halt nicht perfekt», so der Zürcher Finanzminister. In den vergangen Tagen hatten verschiedenste Branchenvertreter bemängelt, dass die Kantone zu zögerlich vorwärts machten mit den Härtefallhilfen für die Wirtschaft. Am Mittwoch lockerte der Bund die Regelungen für die Antragssteller, was den Unternehmen einige Erleichterung bringen dürfte. Doch die konkrete Umsetzung des Gesetzes obliegt den Kantonen. Sie sind es, die die Gesuche von angeschlagenen Firmen entgegennehmen, prüfen und eine Auszahlung der Gelder vornehmen müssen. Und das geht nicht überall gleich schnell.
So stehen in Zürich rund 261 Millionen Franken für Härtefälle zur Verfügung. Doch die Auszahlung der Gelder dürfte erst ab Mitte März erfolgen. Das geht vielen Firmen zu langsam. Sie klagen bereits jetzt, ihre Fixkosten nicht mehr bezahlen zu können. Doch Stocker sagte am Mittwoch, ihm seien die Hände gebunden. Normalerweise dauere es in der Schweiz drei bis vier Jahre, um eine Zahl- und Kontrollstelle aufzusetzen. Jetzt müsse man das innert zwei Monaten umsetzen. «Ich kann nicht einfach sagen: Schicken Sie mir uns den Brief mit dem Gesuch. Da flattern 20'000 Briefe auf die Tische meiner Mitarbeiter.» Zuerst müsse man eine digitale Unterstützung aufbauen. «Und das dauert nun mal.»
Eine Aussage, die Marius Brülhart nicht nachvollziehen kann. Er ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Lausanne und Mitglied der Expertengruppe Economics der wissenschaftlichen Corona-Taskforce des Bundes. «Es ist in der Hand der Kantone, wie schnell und unkompliziert sie die Abwicklung gestalten wollen.» Er verstehe nicht, warum es sich manche so schwer machen. «Warum will man mitten in einer Krise à-fonds-perdu Geld verteilen? Warum nicht einfach Darlehen verleihen und dann später den à-fonds-perdu-Anteil überprüfen?» Bisher habe ihm das noch niemand überzeugend erklären können.
Anders als in den grössten Kantonen Zürich und Bern hat sich der Regierungsrat von Thurgau genau für diesen Weg entschieden. Unternehmen, die von den Folgen von Covid-19 besonders betroffen sind, können ein zinsloses Darlehen beantragen. In einer zweiten Phase, frühestens ab Juli 2021 können die Antragssteller Gesuche auf Umwandlung von maximal 75 Prozent der Darlehenssumme in nicht rückzahlbare Beiträge einreichen. Die Antragssteller haben dabei nachzuweisen, dass sich ihre wirtschaftliche Situation nicht oder zumindest nicht wesentlich genug verbessert hat, um in der Lage zu sein, das Darlehen vollständig zurückzuzahlen.
Daniel Wessner, Leiter Amt für Wirtschaft und Arbeit im Kanton Thurgau, sagt, es sei ein Grundsatzentscheid gewesen. «Uns war wichtig, dass wir zielgerichtet und schnell helfen können.» Man habe verschiedene Gespräche mit Betroffenen aus unterschiedlichen Branchen geführt. Dabei sei aufgefallen, dass es primär darum geht, dass die Unternehmen ihre Fixkosten jetzt decken können. «Wir wussten, dass wir das mit Darlehen schnell machen können und trotzdem vorsichtig mit den Steuergeldern umgehen», so Wessner.
Die Entscheidung, was davon à-fonds-perdu ist, wird im Kanton Thurgau im Sommer in Angriff genommen. Das hat einen zusätzlichen Vorteil. Wessner sagt: «Dann wissen wir auch mehr über die epidemiologische und wirtschaftliche Lage und können besser beurteilen, welche Firmen wie viel zurückzahlen müssen.»
Für den Taskforce-Ökonom Brülhart macht das Sinn. Viele Firmen – egal ob behördlich geschlossen oder indirekt betroffen – hätten jetzt kein Geld und wüssten noch nicht mal, was sie zu Gute haben. Das verunsichere und könne Betriebe, deren Rechnungen gnadenlos weiterlaufen, in grosse Bedrängnis bringen. «Es ist nicht sinnvoll, wenn man jetzt jeden Steuerfranken dreimal umdrehen muss, weil man ihn ein für allemal vergeben will. Dabei könnte man den Fünfer und das Weggli haben, schnell Geld verteilen und im Nachhinein immer noch sorgfältig alles überprüfen.»
Könnte einer der vielen Topbanker ihm das mit der Wirtschaft bitte erklären?
Die Menschen brauchen das Geld JETZT.
Was ist besser für die kleinen und Kleinstbetriebe? Noch ein paar Wochen warten und das peinliche Gestammel von stocker ertragen oder aber in einer von Experten gelobten Schnelligkeit gar nichts erhalten?