Der letzte Zmittag mit den Schulkolleginnen ist vorbei. Azara, Sophie und Rebekka versorgen die Kartonboxen aus dem Bioladen mit ein paar Resten in ihren Taschen und schlendern zum Bus, der sie in die Kantonsschule Baden bringt. Dort besuchen sie die 3. Klasse des Gymnasiums. Es werden ihre letzten Präsenzstunden bis Ende Februar sein. Ab Montag gilt an den Aargauer Kantonsschulen Fernunterricht.
Azara lernt gerne zu Hause, weil sie die Zeit selbst einteilen kann. Sophie findet es gut, dass der Aargau als erster Kanton den Präsenzunterricht stoppte. Alle drei sorgen sich in erster Linie um Lehrer und Angehörige. Azara berichtet von einer Lehrerin, die ihren betagten Vater betreuen muss und sich auf keinen Fall anstecken darf. Darum sei es gut, dass durch den Fernunterricht die Ansteckungsgefahr vermindert werde.
Sophie wird den Austausch in den Pausen und den gemeinsamen Zmittag vermissen:
Das Forschungsinstitut Sotomo befragte im Verlauf der Coronakrise die Bevölkerung über ihr Wohlbefinden. Dabei zeigte sich: In keiner anderen Generation ist die Stimmung im letzten Jahr derart gekippt wie bei den 15- bis 34-Jährigen. Vor der Krise war die Laune noch gut bis sehr gut. Während des Lockdowns im Frühling trübte sie sich deutlich, verbesserte sich im Juni und stürzte im Oktober regelrecht ab. Davon hat sie sich seither nur leicht erholt. Zum Vergleich: Die Stimmungskurve der über 65-Jährigen ist relativ flach und bewegt sich immer noch im Bereich zwischen «gut» und «sehr gut».
Marc Höglinger, Verhaltensforscher an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, kann diese Befunde bestätigen. Er führt mit seinem Institut seit dem Frühling ein Coronamonitoring durch. Seine Daten zeigen, dass die Jungen in der Pandemie am stärksten über psychische Belastung und Einsamkeit klagen. Sie leiden mehr, weil sie laut Höglinger stärker auf soziale Kontakte angewiesen sind. Ihr Leben findet an sozialen Veranstaltungen und im öffentlichen Raum statt. Fallen der Ausgang und das Sporttraining aus, sind sie besonders betroffen. Das führe zu Frustration.
Schülerin Azara von der Kantonsschule Baden kann die Aussagen der Wissenschafter nachvollziehen. «Mir geht es auch nicht mega mega super. Mir fehlen das Ausgangsleben und der Kontakt zu Kollegen ausserhalb der Schule.» Es sei öde, es laufe nichts. Rebekka ergänzt:
Jeden Tag das Gleiche und auch am Wochenende keine Abwechslung.
Die drei jungen Frauen aus Baden sind sich einig. Fernunterricht finden sie gut, dass aber die Beizen geschlossen sind, verstehen sie weniger. Besonders absurd erschien ihnen die Situation, als im Schulhaus während der Pause hundert Personen zusammenkamen, während sich ausserhalb des Schulareals nur fünf Personen treffen durften. Auch darum haben sie Verständnis für die Schulschliessung.
Nicht alle Jugendlichen kämpfen gleich stark mit der Krise. Die Kantonsschülerinnen beschreiben ihre Stimmung auf einer Skala von 1 bis 10 unterschiedlich. Rebekka und Azara schwanken zwischen drei und vier, Sophie hat einen guten Tag und sagt: «Sieben».
Nicht alle Jugendlichen kämpfen gleich stark mit der Krise. Die Kantonsschülerinnen beschreiben ihre Stimmung auf einer Skala von 1 bis 10 unterschiedlich. Rebekka und Azara schwanken zwischen drei und vier, Sophie hat einen guten Tag und sagt: «Sieben».
Bei Studenten der 3. Klasse der Informatikmittelschule in Baden ist die Stimmung besser. «Corona hat keinen Einfluss auf meine Stimmung», sagt Maurice. Dem 17-Jährigen ist es egal, dass Bars geschlossen sind. Er gehe sowieso kaum in den Ausgang. Maurice steht mit zwei Kollegen in der Bahnhofunterführung. Sein Kollege Konrad kaut an einem Schinken-Käse-Toast. Fragt man die Informatikstudenten nach ihrer Meinung zum Fernunterricht, zucken sie mit den Schultern. «Ich bin nicht begeistert, aber es macht mir auch nichts aus», sagt einer. Er begrüsse die Massnahme grundsätzlich, weil sie Ansteckungen verhindere. Auch ihm wird das Soziale fehlen. Er sagt aber:
Der 17-jährige Konrad hat eine differenzierte Analyse zum Fernunterricht. Es komme auf die Lehrperson an. Es gebe solche, die nur Aufgaben verteilten, andere suchten auch online das Gespräch, fragten etwa, wie es gehe. «So hat man mehr Austausch, und es wird weniger schnell langweilig», sagt er und beisst in seinen Toast.
Wissenschafter Höglinger stellt fest, dass sich die Jugend trotz Frusts an die Massnahmen hält. Die Frage sei, wie lange die Einschränkungen noch dauerten. Mit zunehmender Ermüdung könnte es sein, dass einige die sozialen Kontakte intensivierten. Das gelte aber nicht nur für die Jungen, sondern für alle Bevölkerungsgruppen.