Der «Ski-Krieg» ist ausgebrochen – zumindest, wenn es nach der deutschen «Bild»-Zeitung geht. Am Anfang stand eine Forderung des italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte. Er will den Beginn der Wintersaison auf europäischer Ebene nach hinten verschieben – bis mindestens Mitte Januar. «Es ist nicht möglich, einen Winterurlaub zuzulassen. Wir können uns das nicht leisten», sagte er am Montag dem Sender «La 7».
Der französische Präsident Emmanuel Macron pflichtete ihm bei: Eine Öffnung der Skigebiete über die Festtage sei «unmöglich». Verschiedene Medien berichten, dass Italien, Frankreich und Deutschland einen abgestimmten europäischen Fahrplan auflegen wollen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte bereits Support signalisiert: Wer in Risikogebieten Skifahren gehe, müsse zehn Tage in Quarantäne, sagte er. Ihm wäre ein einheitliches Übereinkommen lieber: «Keine Skilifte offen überall beziehungsweise kein Urlaub überall».
Ein solches Vorgehen träfe auch die Alpenländer. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hielt am Mittwoch dagegen: Sein Land werde eigenständig über die Öffnung entscheiden.
Er habe in Gesprächen mit der EU-Ratspräsidentin und der Kommission vereinbart, dass dies «keine Angelegenheit ist, in die sich die EU einmischen sollte», sagte er. Zuvor hatte schon Finanzminister Gernort Blümel Entschädigungen in Milliardenhöhe von der EU gefordert, sollten an Weihnachten die Skilifte still stehen.
Die offizielle Schweiz wartet noch ab. Das Bundesamt für Gesundheit stehe zu diesem Thema «seit längerer Zeit mit verschiedenen Ländern in Kontakt und pflegt diese Kontakte auch aktuell», sagt ein Sprecher. Man verfolge die Entwicklung aufmerksam. «Im Moment» sei eine Schliessung der Skigebiete nicht vorgesehen.
Marcus Caduff, der Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Graubünden, spricht sich gegen die Pläne aus. Er warnt: Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass die Skigebiete an Weihnachten schliessen, «wäre der Schaden enorm und oft irreparabel».
Gerade in Nebentälern wären die wirtschaftlichen Folgen nicht mehr rückgängig zu machen, so Caduff. «Ich gehe davon aus, dass eine grosse Zahl von Bergbahnen Konkurs gehen würde.»
Die Tage von Weihnachten bis Neujahr würden rund einen Drittel ausmachen des Jahresumsatzes von Bergbahnen und Berggastronomie. Ob eine Schliessung der Skigebiete gegen das Virus helfen würde, bezweifelt Caduff. Die Menschen wollten im Winter ohnehin hinaus aus den Städten und in die Berge.
Wenn die Massen nicht Skifahren dürfen, würde es in Läden und Dörfern zu Ansammlungen kommen. «Damit wäre niemandem geholfen.» Man habe sehr gute Schutzkonzepte, die man gerade auf den Gletschern teste und womit man «sehr gute Erfahrungen» mache.
Jürg Schmid, Präsident von Graubünden Ferien, schlägt in die gleiche Kerbe: «Es wäre nicht gerechtfertigt, wenn man die Saison nicht stattfinden lassen würde», sagt er. Ein sicherer Betrieb sei möglich, auch dank strikter Schutzkonzepte auf den Pisten und Bergbahnen. Darum könne man den italienischen Ideen wenig abgewinnen.
Dass die Schweiz unter Druck geraten könnte, wenn rund um sie herum der Saisonstart herausgeschoben wird, glaubt Schmid nicht. «Die Schweiz ist ein unabhängiges Land.» Das Bundesamt für Gesundheit müsse und werde unabhängig entscheiden. «Der Bündner Wintertourismus wird sich strikt daran halten.»
Markige Töne hatten zuvor schon Walliser Politiker gefunden. Staatsrat Christophe Darbellay (CVP) sagte dem «Walliser Boten»: «Im Wallis wird über die Festtage Ski gefahren und in Restaurants gegessen, egal was Italien macht.» Die Schweiz sei nicht in der EU und somit nicht betroffen. Die Coronasituation im Wallis werde von Tag zu Tag besser. Es werde nicht alles möglich sein, aber ein Minimalprogramm werde das Wallis den Gästen bieten können. «Die Wintersaison wird in geordneten Bahnen starten.»
Markus Häsler, CEO der Zermatt Bergbahnen, sagte der Zeitung, der italienische Vorstoss sei eine «reine Luftblase». Die EU könne machen, was sie wolle, doch die Schweiz werde «nie und nimmer mitziehen». Ob sich die Schweiz gegen ein koordiniertes europäisches Vorgehen stellen könnte, scheint angesichts der nach wie vor überdurchschnittlich hohen Corona-Fallzahlen allerdings offen.
Wären Schweizer Skigebiete als einzige offen, hätten sie zwar ein Alleinstellungsmerkmal. Allerdings könnten europäische Länder Reisewarnungen für die Schweiz aussprechen oder eine Quarantänepflicht verhängen – mit empfindlichen Auswirkungen auf die Zahl ausländischer Touristen. Schweizer Touristiker müssen für einmal hoffen, dass sich Österreich durchsetzt. (bzbasel.ch)
"... 50 Fälle pro 100.000 Einwohner auf sieben Tage, weshalb die Schweiz als Risikogebiet eingestuft wurde.
Für Reisende aus Risikoländern gilt grundsätzlich eine 10-tägige Quarantänepflicht."
Reisende aus Deutschland werden sich eine Reise in die Schweiz zum Skiurlaub sicher zwei Mal überlegen, da nachher Quarantäne in Deutschland ansteht.