Als während des Lockdowns viele Betriebe stillstanden, haben sie in die Pedalen getreten, wie nie zuvor: Die Essen-Lieferkuriere. In der Corona-Krise haben Food-Bestellungen massiv zugenommen. Eat.ch, der Schweizer Marktführer in Sachen Food Delivery, konnte sein Auftragsvolumen in den vergangenen Wochen verdoppeln. So sagte es deren Geschäftsführer Dominic Millioud kürzlich gegenüber dem «Blick».
Umso schwerer wiegt der Verlust, mit dem das Unternehmen Notime dieser Tage konfrontiert ist: Der Fahrradkurierdienst verliert den Auftrag, Essensbestellungen für Eat.ch auszuliefern. Notime ist darauf spezialisiert, Onlinekäufe in den Städten am selben Tag zuzustellen. Seit Notime ab 2015 mit Eat.ch zusammenspannte, machte der Food-Delivery-Bereich einen grossen Teil der Aufträge aus. Die als Startup gegründete Firma konnte innert kürzester Zeit stark wachsen und lieferte in den Städten Zürich, Bern und Lausanne für Eat.ch aus.
Doch dass die zwei grossen Food-Delivery-Player Just Eat (zum dem auch Eat.ch gehört) und Takeway.com im Sommer zu Just Eat Takeway fusionierten, wirkt sich nun negativ für Notime aus. Die Essensbestellungen wird Eat.ch künftig nur noch mit Fahrerinnen und Fahrern von Takeway.com ausliefern. Damit verliert Notime einen wichtigen Kunden.
Wie gross das Auftragsvolumen ist, das damit für Notime wegbricht, will Sprecherin Desirée Barandun nicht verraten. Klar ist allerdings: Schweizweit sind es 265 Food-Fahrerinnen und -Fahrer, die von der Situation betroffen sind. Barandun: «Es ist Notime künftig leider nicht mehr möglich, alle Fahrerinnen und Fahrer im Food-Bereich ausreichend auszulasten – was wir sehr bedauern.» Man sei jedoch bestrebt, eine Lösung zu finden. «Wir werden einen Teil der betroffenen Kurierfahrer intern weiterbeschäftigen. Für die übrigen Fahrer suchen wir gemeinsam mit Eat.ch nach einer Lösung.» Soll heissen, dass möglichst viele betroffene Notime-Fahrer einen neuen Arbeitsvertrag von Takeway.com erhalten sollen.
Für David Roth, zuständiger Gewerkschaftsvertreter bei der Syndicom ist bereits jetzt klar, dass nicht alle Fahrerinnen und Fahrer bei Takeway.com weiter beschäftig werden können: «Der Job bei Notime und bei Takeway.com ist nicht derselbe. Letzterer liefert mit E-Bikes aus. Entsprechend ist das nicht für alle Fahrerinnen und Fahrer gleich attraktiv. Aber auch ob Takeaway.com überhaupt so viele Leute anstellt, ist noch offen.» Gerade dieser Punkt wird von Notime-Fahrerinnen bezweifelt. Intern heisst es, erste Bewerbungen würden bereits jetzt von Takeaway.com negativ beantwortet.
Eine bittere Pille ist der Wegfall des Food-Delivery-Segments bei Notime auch für die Post. Erst Ende August hat sie sämtliche Aktienanteile der Notime AG übernommen. Vorher war sie mit 51 Prozent Mehrheitsaktionärin. Sprecherin Denise Birchler sagt: «Die Post bedauert es natürlich, dass ihre Tochtergesellschaft Notime einen so wichtigen Kunden verliert. Dies gehört aber zum unternehmerischen Risiko, insbesondere da sich Notime ja im freien Markt und Wettbewerb befindet.» Ausserdem habe die Post mit Notime nicht nur ein Unternehmen erworben, das im SameDay-Markt tätig ist, sondern zugleich auch ein IT-System, das wichtige Bedürfnisse der Post abdecke.
Es wird der Paketauslieferungsbereich sein, auf den Notime künftig stärker setzen wird. Dazu Sprecherin Barandun: «Die Plattform von Notime bietet eine Full-Service-Lösung für Lieferungen am selben Tag und Lieferungen mit bestimmten Zeitfenstern. Unsere Mitarbeitenden holen auch künftig die bestellten Waren bei den Onlinehändlern ab und liefern sie in verschiedenen Schweizer Städten direkt an die Endkundinnen und -kunden aus.»
Noch sind die Fahrerinnen und Fahrer mit den grünen Notime-Shirts und den roten Eat.ch-Rucksäcken auf den Strassen anzutreffen. Am 14. Oktober werden die letzten Food-Lieferungen gefahren. Danach übernimmt Takeaway.com.
Das sind dann aber ideologische Gründe, welche ich nicht wirklich nachvollziehen kann.
@Post: Sowas kann passiereren, wenn man sich von einem Grosskunden abhängig machen lässt. Ich hoffe das die Fahrer bald wieder einen guten Job finden werden.