Das Coronavirus hat dazu geführt, dass in der ganzen Schweiz mehr Leute mit dem Velo unterwegs sind. Das Geschäft boomt, auch mit den E-Bikes. Zusätzlich stimmt die Stadt Zürich am 27. September darüber ab, ob man sich verpflichten will, 50 Kilometer Veloschnellrouten einzurichten.
Das Velo – und besonders die Velofahrer – stehen damit wieder einmal im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ein guter Zeitpunkt, euch die Leviten zu lesen. Oder sollte ich sagen: uns? Denn bevor ihr mich in der Kommentarspalte als SUV-fahrenden Velostreifenparker verunglimpft, soll gesagt sein: Ich fahre selbst jeden Tag mit dem Velo durch die Stadt Zürich.
Trotzdem fällt mir immer wieder auf, wie rücksichtslos sich Velofahrer auf den Strassen und den Trottoirs benehmen. Deshalb hier drei Punkte, warum Velofahrer die schlechtesten und rücksichtslosesten Verkehrsteilnehmer sind:
Donald Trump sagt: «America first», der Velofahrer sagt: «Me first». Der Fussgänger da? Zu langsam für mich. Das Auto da? Passt eh nicht durch. So entsteht bei vielen Velofahrern eine sehr selbstzentrierte Meinung, was den Vortritt angeht. Auch in der Kolonne anstehen, das gibt's auf dem Velostreifen nicht.
Ein Beispiel. Manchmal ist es leider so, dass die armen Fussgänger sich ihre Trottoirs und Fussgängerstreifen mit uns teilen müssen. Dann passiert Folgendes: Die Velofahrer stellen sich auf beiden Seiten des Fussgängerstreifens in einer Reihe auf, sogleich bereit, in die Pedalen zu treten, wenn das Rotlicht auch nur den Anschein von Orange erweckt.
Dann krachen die beiden Wände aufeinander zu, bis man meint, man befinde sich mitten in der Schlacht um Winterfell bei «Game of Thrones». Erst kurz vor dem Zusammenprall wird den Velofahrern dann jeweils klar, dass sie auf Kollisionskurs sind. Dann werden die Bremsen gezogen. Das gereizte Augenrollen zeigt an, dass alle anderen mal wieder alles falsch gemacht haben.
Schade hat Cicero kein Werk mit dem Titel «De legibus via» über die Verkehrsregeln geschrieben. Denn das hätten wir bestimmt alle gelesen. Leider ist die moderne Fassung der Verkehrsregeln nur den wenigsten Velofahrern bekannt.
Rechtsvortritt? Unbekannt. Fahrverbote? Gelten nur für Autos. Rotlichter? Na gut, ich gebe zu, ich fahre auch öfters bei Rot. Trotzdem, die Verkehrsregeln tun eben genau das, was sie sollten. Sie regeln den Verkehr. Wer je eine vollständig deregulierte Gesellschaft beobachten will, sollte sich etwas mehr auf die Velowege achten. Hier wird die Vorstellung gelebt.
Ich verstehe das Bedürfnis, sich nicht immer an starre, manchmal der Situation überhaupt nicht gerecht werdende Regeln halten zu wollen. Trotzdem machen sie die anderen Verkehrsteilnehmer berechenbar. Fährt das Auto weiter? In den allermeisten Fällen nicht, denn ich habe Rechtsvortritt. Fährt das Velo weiter? Wer weiss das schon. Das macht jede Begegnung mit uns auf der Strasse zu einer Überraschungsparty.
Kommen wir nun zum Kern des Problems. Wir Velofahrer sind keine Autos und wir sind keine Fussgänger. Wir sind ein fieses Zwischending. Deshalb kommt es eben vor, dass wir uns auf der Strasse wie Fussgänger und auf dem Trottoir wie Autos verhalten. Würden eigene Velowege diesen Konflikt entschärfen? Vermutlich ja.
Trotzdem denke ich, dass man besonders von den Velofahrern genau die Rücksicht auf die anderen Verkehrsteilnehmer verlangen kann, die wir auch von allen anderen für uns beanspruchen. Im Moment spürt man von dieser Rücksicht auf den Schweizer Strassen aber relativ wenig.
Ich halte mit dem Velo vor dem Fussgängerstreifen, oft ist dann der Fussgänger überrascht, dass ich halte.
Am Kreisel Blinker nach rechts setzen, rechts einspuren, damit kein Velofahrer im toten Winkel stehen bleibt.
Dann losfahren und eine Vollbremsung machen, weil von rechts ein Velofahrer kommt, der übers Trottoir fährt, im toten Winkel auftaucht und fast auf der Motorhaube landet.
Blinker setzen und Einspuren dienen deiner Sicherheit, nicht meiner!