Viele sehnen sich den Sommer herbei, aber noch will der Mai mit Sommer und Sonnenschein nicht so richtig vorwärts machen. Schon die letzten Tage gab es immer wieder Regen und auch in den kommenden Tagen wird man kaum einmal ohne Regenschirm das Haus verlassen können. Selbst wenn die Badis der Schweiz ihre Tore öffnen: Badewetter ist nicht in Sicht.
«Die aktuelle Wetterlage ist ungewohnt, aber schlechte Mai-Monate gab es immer wieder», sagt Ludwig Zgraggen, Meteorologe bei MeteoSchweiz. Vor allem in den 1970er und 1980er Jahren gab es immer wieder solche – oder noch extremere – Phasen in der aktuellen Jahreszeit. «Durch den Klimawandel sind diese in den letzten Jahren seltener geworden, aber durchaus nicht anormal. Wir hatten auch schon Schnee bis in tiefe Lagen im Mai», erklärt Zgraggen.
Sein Kollege Stephan Bader von der Abteilung Klima bei MeteoSchweiz ergänzt: «Für wenig sommerliche Maiverhältnisse müssen wir nicht weit zurückblicken. Der Mai 2019 zeigte sich anhaltend kühl und durchzogen regnerisch. Er zog sogar noch ein Register mehr: In den ersten Maitagen 2019 fiel auf der Alpennordseite nochmals Schnee bis in tiefe Lagen.» Mit durchschnittlich 6,1 Grad war es der kühlste Mai der letzten rund 30 Jahre. Im Vergleich dazu sind wir aktuell gar nicht so schlecht unterwegs, wie die Abweichungen vom Temperaturmittel von 2019 und 2021 zeigen:
Stephan Bader sieht in der momentanen Wetterlage vor allem auch einen grossen Vorteil: «Für die Natur ist das aktuelle Wetter super. Es sind nicht ergiebige Niederschläge, sondern es regnet immer mal wieder.»
Das aktuelle Wetter beschert uns ein Hochdruckgebiet über dem südlichen Europa und ein Tiefdruckgebiet über Nordeuropa. Dies hat im Alpenraum eine West- bis Nordwestlage zur Folge, welche die kühle Meeresluft zu uns bringt. «Schuld ist der Nordwestwind. Dass sich das Tief bis so weit in den Süden verbreitet, ist allerdings selten», sagt Zgraggen.
Und wann können wir mit Wetterbesserungen rechnen? «Bis Pfingsten wird es nicht besser, vermutlich bleibt die Schweiz gar bis Ende Mai auf der Alpennordseite tiefdruck-bestimmt», so Zgraggen weiter. Auf der Alpensüdseite ist es noch bis am Donnerstag besser, danach aber wohl auch dort nicht mehr.
Noch ist der Mai nicht vorbei. Die kurze Zusammenfassung bis Monatsmitte: Der Wonnemonat ist zu kalt und eher regnerisch.
Mit Blick auf die Durchschnittstemperatur für die ersten 16 Tage im Mai (aktuellste Daten), zeigt sich, dass beispielsweise an der Messstation in Basel die 11,2 Grad seit dem Jahr 2000 nur zweimal unterboten wurden.
In Sachen Regentagen (mindestens 0,5 mm Regen pro Tag) ist der Mai bisher beispielsweise in Zürich allerdings mehr oder weniger im normalen Bereich. Seit dem Jahr 2000 gab es vom 1. bis 14. Mai (aktuellste Daten) in zehn anderen Jahren mindestens ebenfalls acht Regentage.
Kürzlich twitterte Jörg Kachelmann den 46-Tage-Trend vom European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF). Dieses bewertet in der mittelfristigen Prognose das Wochenwetter im Hinblick auf den Durchschnitt von 20 Jahren. Es sagt eher kühleres Wetter bis Ende Juni voraus.
Der neue 46-Tage-Trend des @ecmwf ist da. Bis Ende Juni wohl noch eher Laschet-Wetter mit häufigeren für die Jahreszeit zu kühlen Episoden (Pentadenmittel, Abweichung vom Durchschnitt).
— Jörg (@Kachelmann) May 14, 2021
Entscheidend werden Juli/August sein.#BTW2021 pic.twitter.com/trck0580Yy
Dazu gilt zu wissen: Mit Trends, die länger als ein paar Tage das Wetter vorhersagen, ist immer Vorsicht geboten. Zgraggen sagt: «Zwei Tage können wir sehr genau mit 85 Prozent und mehr vorhersagen. Danach nimmt es laufend ab. Bis fünf Tage sind die Prognosen noch gut, schon bei sechs und sieben Tagen sprechen wir nur noch von Trends.»
Zgraggen erklärt angesprochen auf die ECMWF-Trends: «Das sind keine Prognosen, sondern Trends. Es könnte eher in diese Richtung gehen. Aber wenn ich jetzt hier sitze, kann ich nicht sagen, ob der Juni eher trocken wird.»
Bei MeteoSchweiz werden in der täglichen Arbeit der Meteorologen solche Langzeitprognosen eher selten benützt, da diese Langzeitprognosen den üblichen Vorhersagezeitraum von wenigen Tagen weit überschreiten. Man schaue sich diese zwar an, aber da spiele zu viel rein und es gebe zu viele Unsicherheiten.
Langzeitprognosen sind bei Wetterfragen also schwierig. 2019 sorgte Accuweather für Aufsehen, als ein Hitzesommer prognostiziert wurde, dann aber alles anders kam. Die Mehrheit der Meteorologen hält Prognosen, die weiter als sieben bis zehn Tage vor allem für eines: ziemlich unsicher.
Dann kann man also noch keine Vorhersagen für den Sommer treffen? «Nein, das ist momentan kaum möglich. Man kann auch nicht sagen, dass auf einen feuchten Frühling ein schlechter Sommer folgt. Der Mai 1983 war beispielsweise katastrophal. Der Juni 1983 wurde dafür ein Jahrhundertmonat. Wir hatten über 38 Grad in Basel und selbst in Zermatt oben noch 32 Grad.» Übrigens: Den letzten richtig schlechten Sommer mit viel Niederschlag im Juli und August erlebten wir 2014.